Was glauben Sie: Isst jemand mehr Süßigkeiten, wenn andere Personen anwesend sind oder wenn sich die Person unbeobachtet im Büroraum wähnt? Und wofür entscheiden sich Menschen, wenn zwar niemand anwesend ist, sie sich aber beobachtet fühlen? Bisherige Forschung legt nahe, dass sich der Konsum von Lebensmitteln oft durch die bloße Anwesenheit anderer Personen reduziert. Warum? Vermutlich wollen wir einen positiven Eindruck bei anderen erwecken und unseren Ruf nicht schädigen. Wir möchten also der sozialen Norm entsprechen und nicht als Vielfraß gelten. Aber trifft das auch zu, wenn wir uns nur beobachtet fühlen – ohne die tatsächliche Anwesenheit anderer Personen?
Die Forscherinnen Jenny Bittner und Micaela Kulesz untersuchten in diesem Zusammenhang, ob subtile Hinweise auf die Beobachtung durch andere Personen ausreichen, um zu gesundheitsförderlichen (und somit „sozial angesehenen“) Entscheidungen bei Nahrungsmitteln beizutragen. Was könnte als Hinweis für solch eine Beobachtung sinnbildlicher sein als das Bild menschlicher Augen? Vorherige Studien konnten bereits zeigen, dass Augensymbole eine Verhaltensänderung bezüglich normativen Verhaltens bewirken können (beispielsweise wurde mehr gespendet oder auf öffentlichen Plätzen weniger Müll verteilt, wenn Augensymbole auf einem Poster oder Bild sichtbar waren). Die Forscherinnen überprüften daher, ob dieser Effekt für die Wahl gesunder Lebensmittel zunutze gemacht werden könne.
In einem Experiment sollten sich die Teilnehmenden mehrere Male zwischen sehr fettigen und weniger fettreichen Lebensmitteln entscheiden, wie einem Hamburger und einem vegetarischen Sandwich, die auf einer Speisekarte aufgeführt waren. Bei der Hälfte der Teilnehmenden war oben auf der Speisekarte ein Logo für „Universitäre Forschung“ mit einem Augensymbol abgebildet – bei der anderen Hälfte war hingegen nur das Forschungslogo ohne Augensymbol abgebildet. Vermochte diese kleine Änderung einen Effekt auf die hypothetischen Essensentscheidungen zu haben? Tatsächlich wählten Teilnehmende durchschnittlich häufiger die fettärmere Alternative, wenn die Speisekarte ein Augensymbol enthielt, als wenn kein Augensymbol zu sehen war.
Während diese Studie mit Studierenden durchgeführt wurde, konnte der Effekt in einem weiteren Experiment mit den Arbeitnehmenden einer Firma wiederholt gezeigt werden. Diese Teilnehmenden sollten an ihrem Arbeitsplatz einen virtuellen Supermarkt besuchen und sich zwischen verschiedenen Lebensmitteln entscheiden. War ein Augensymbol in der Website integriert, wurden wieder gesündere Entscheidungen getroffen, als wenn dies nicht der Fall war.
Gemäß dieser Befunde lässt sich zusammenfassen, dass bereits subtile Hinweise auf die Anwesenheit und Beobachtung durch andere (wie die getesteten Augensymbole) dazu eingesetzt werden können, bei Menschen eine gesündere Ernährung zu fördern. Ob sich der Effekt der Augensymbole irgendwann durch Gewöhnung verringert, bleibt dagegen eine offene Forschungsfrage.
Bittner, J. V., & Kulesz, M. M. (2015). Health promotion messages: The role of social presence for food choices. Appetite, 87, 336–343.
Redaktion und AnsprechpartnerIn*: Janin Rössel*, Sebastian Butz
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