Glück in Gefahr

- Anne Landhäußer –

Wer wiederholt arbeits­los wird, wird von Mal zu Mal un­zufriedener.

Die sogenannte Glücksforschung, die sich mit der Lebens­zufriedenheit von Menschen befasst, taugt in der Medienwelt gerade in Krisenzeiten für Mutmach-Geschichten. Ein weit verbreitetes Ergebnis der Glücksforschung ist, dass die langfristige Lebens­zufriedenheit durch äußere Einflüsse gar nicht so stark beeinflusst wird, wie wir denken. Es heißt, jeder Mensch tendiere zu einem gewissen Grad an Lebens­zufriedenheit, der nach einschlägigen Ereignissen zwar steige oder falle, sich letztlich aber immer wieder auf den üblichen Wert einpendele.

Dass es sich mit dem Lebens­glück nicht immer ganz so einfach verhält, haben nun Maike Luhmann und Michael Eid von der Freien Universität Berlin gezeigt. Sie untersuchten, was mit der Lebens­zufriedenheit passiert, wenn ein Mensch bestimmten Ereignissen mehrfach ausgesetzt ist. Grundsätzlich sind drei Muster denkbar: Ist eine Person beispielsweise wiederholt mit Todesfällen im Freundeskreis konfrontiert, so könnte ihr einerseits jeder neue Trauerfall in gleicher Intensität zusetzen, doch irgendwann erfolgt jedes Mal die Rückkehr auf das Normal-Level. Andererseits könnte jeder weitere Schicksalsschlag schlimmer sein als der vorherige, da die Psyche durch wiederholte negative Ereignisse stärker belastet wird. Oder aber jeder weitere Verlust könnte ein bisschen leichter zu verkraften sein, da Menschen mit der Zeit lernen, auch mit den schlimmsten Situationen irgendwie fertig zu werden. Bei wiederholten Lebens­ereignissen kann der Einfluss auf die Lebens­zufriedenheit also gleich bleiben, stärker oder schwächer werden.

Das Berliner Psychologenteam untersuchte, wie es sich mit der Lebens­zufriedenheit verhält, wenn Arbeits­losigkeit, Ehescheidung oder Heirat in einem Leben mehrmals auftreten. Hierzu zogen sie die Daten des sozio­ökonomischen Panels heran, das seit 1984 viele tausend Deutsche jedes Jahr aufs Neue zu ihren Lebens­umständen befragt. Luhmann und Eid kamen zu dem Ergebnis, dass eine zweite Hochzeit ebenso glücklich macht wie das Eintreten in den ersten Ehebund. Auch wenn die Lebens­zufriedenheit in der Zeit nach einer Heirat normalerweise wieder sinkt, so scheint also zumindest das Heiraten an sich immer wieder zu einem ähnlichen Hochgefühl zu führen. Sollte auch die zweite Ehe geschieden werden, gibt es selbst hier gute Nachrichten: Die erste Scheidung ist die schlimmste, die zweite macht lange nicht so unglücklich.

Ganz anders verhält es sich im Falle der Erwerbslosigkeit. Wer mehrfach arbeits­los wird, läuft Gefahr, dass seine Lebens­zufriedenheit in eine Abwärtsspirale gerät. Zwar steigert jede Wiedereinstellung ein wenig die Laune, aber da jeder Jobverlust die Zufriedenheit stärker senkt als der vorherige, während die Größe des Glücksschubs durch eine Wiedereinstellung nicht entsprechend anwächst, kann sich das Glück nicht mehr einpendeln. Wer nach der dritten Arbeits­losigkeits­phase wieder Geld verdient, ist nicht wesentlich glücklicher als der, der gerade zum ersten Mal gekündigt wurde. Unser Lebens­glück kann damit doch langfristig von bedeutenden Ereignissen verändert werden – und die Wirtschafts­krise kann ihm durchaus etwas anhaben.

Luhmann, M. & Eid, M. (2009). Does it really feel the same? Changes in life satisfaction following repeated life events. Journal of Personality and Social Psychology, 97 (2), 363–381.

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