Heute Abend: Damenwahl – Romantik oder Wissenschaft?

- Friedrich Meixner –

Frauen, die mit dem Thema Romantik im Gegensatz zu dem Thema Intelligenz konfrontiert wurden, zeigten weniger Interesse an natur­wissenschaft­lichen Berufsfeldern.

Stellen Sie sich bitte folgende Person vor: Intelligent, an der Universität im Fach­bereich Physik tätig, herausragende Forschungs­ergebnisse und eine stolze Liste an Publikationen in einschlägiger Fach­literatur. Das aktuelle Projekt dieser Person verspricht einen solchen Durchbruch, dass man hinter vorgehaltener Hand schon von einem möglichen Nobelpreis munkelt. Wie genau sieht dieser Mensch vor Ihrem inneren Auge aus? Hätten Sie beispielsweise zuerst an eine Frau gedacht? Vermutlich nicht. Wir sehen meist männliche Wissenschaft­ler in Film und Fernsehen, und auch im wirklichen Leben gibt es eine Unterrepräsentation von Frauen in den Bereichen Wissenschaft und Technik. Ein Forschungs­team um Lora Park will herausfinden, was Frauen von diesen Berufszweigen „fernhält“.

Im Leben junger Menschen scheint es zwei besonders bedeutsame Ziele zu geben: Einerseits attraktiv und begehrenswert zu sein, andererseits aber auch intelligent und erfolgreich. Männer können nach den klassischen Geschlechterrollen sowohl amouröse Ziele als auch eine Karriere in männlich-stereotypen Tätigkeits­feldern wie Wissenschaft und Technik erreichen. Für Frauen scheint dies jedoch im Widerspruch zueinander zu stehen. Bei Interesse an „männlichen“ Berufen leiden Frauen oft unter negativen Reaktionen des Umfelds wie beispielsweise dem Desinteresse potentieller Partner. Das Forschungs­team vermutet, dass eine Aktivierung des Ziels Attraktivität im Gegensatz zu anderen Zielen Frauen deswegen dazu bringt, sich weniger für Wissenschaft und Technik zu interessieren.

Zur Untersuchung dieser These wurden College-Studierende eingeladen, an einer Untersuchung zu Studien­präferenzen teilzunehmen. Zunächst wurde das generelle Interesse an Wissenschaft und Technik gemessen. Unter einem Vorwand verließ der Versuchsleiter danach den Raum und wurde „zufällig“ von einem Kollegen in ein Gespräch verwickelt. Durch die geöffnete Tür konnten die Probanden und Probandinnen die Unterhaltung mithören. Entweder handelte die durchgeplante Konversation von einem Rendezvous oder von einer Klausur. Daraufhin wurden die Versuchspersonen nach ihrem Interesse an einem Abschluss in Mathematik/Wissenschaft oder Fremdsprachen gefragt und entlassen.

Bemerkenswert ist, dass sich keine Geschlechts­unterschiede beim zunächst gemessenen generellen Interesse für Wissenschaft und Technik zeigten. Die Frauen, die das Gespräch über das Rendezvous gehört hatten, gaben jedoch nachfolgend ein geringeres Interesse an einem Abschluss in Mathematik/Wissenschaft an als die anderen Teilnehmerinnen. Gleichzeitig interessierten sie sich mehr für einen Abschluss in Sprachen. Männer hingegen ließen sich in ihren Interessen vom Inhalt des Gesprächs nicht beeinflussen.

Die Betonung von Attraktivitäts- im Gegensatz zu anderen Zielen wie Intelligenz scheint also einen Einfluss auf das wissenschaft­liche Interesse von Frauen auszuüben. Es ist denkbar, dass dies mit konservativen Geschlechtsnormen zusammenhängt. Möglicherweise werden sich diese so wandeln, dass auch für Frauen amouröse Ziele mit wissenschaft­lichen Interessen vereinbar sind und somit zunehmend eine ausgeglichene Geschlechterverteilung in den Wissenschaften erreicht werden kann.

Park, L. E., Young, A. F., Troisi, J. D., & Pinkus, R. T. (2011). Effects of everyday romantic goal pursuit on women’s attitudes toward math and science. Personality and Social Psychology Bulletin, 37, 1259-1273.

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