Hoffnungs­lose Romantiker – Verfallen Frauen oder Männer schneller der Liebe?

- Julia Haselberger –

Obwohl beide Geschlechter glauben, dass Frauen sich schneller verlieben und zuerst die Worte „Ich liebe dich“ aussprechen, sind es in Wahrheit die Männer, die beides früher tun.

Ein Candle-Light-Dinner, verstreute Rosenblätter, ein Herz aus Teelichtern, leiser Kuschelrock im Hintergrund – welcher Frau würde diese romantische Atmosphäre nicht gefallen? Das ist eines der Klischees über das weibliche Geschlecht: Frauen seien hoffnungs­lose Romantikerinnen. Ein zweites ist, dass sie sich schneller und überstürzter verlieben als Männer. Doch haben viele Männer nicht vielleicht insgeheim auch eine romantische Ader? Und welches der beiden Geschlechter ist es tatsächlich, welches sich schneller verliebt?

Die Forscherinnen Marissa Harrison und Jennifer Shorthall beschäftigten sich mit dem tiefsten und bedeutungs­vollsten aller Gefühle – der Liebe – und wollten dabei die drei folgenden Fragen klären:
– Verlieben sich Frauen oder Männer schneller?
– Welches der beiden Geschlechter sagt in einer Beziehung zuerst „Ich liebe dich“?
– Haben Frauen und Männer unterschiedliche Ansichten über Liebe und Romantik?

Untersucht wurden 172 College-Studierende mit einem Durchschnitts­alter von 20 Jahren, welche in einem Fragebogen angaben, wie ihre Haltungen und Erfahrungen bezüglich Liebe und Beziehungen sind. Sie beantworteten beispielsweise Fragen wie „Gibt es Liebe auf den ersten Blick?“ oder „Wie lange hat es bei deiner letzten Beziehung gedauert, bist du gemerkt hast, dass du verliebt bist?“.

Obwohl fast alle Teilnehmenden beider Geschlechter angaben, dass sie davon ausgehen, Frauen würden sich schneller verlieben und schneller „Ich liebe dich“ sagen – was den oben genannten Klischees entspräche – verliebten sich in der untersuchten Stichprobe die Männer im Mittel deutlich schneller als die Frauen. Zudem gaben 64 Prozent der befragten Männer an, in ihrer Beziehung der Partnerin als erstes ihre Liebe gestanden zu haben, was von den Frauen nur 19 Prozent taten.

Woran liegt es nun, dass sich die Einschätzungen von Männern und Frauen so sehr von ihrem tatsächlichen Verhalten unterscheiden? Einige ForscherInnen haben sich darüber bereits Gedanken gemacht. Die Erwartung, dass Frauen in Beziehungen früher „Ich liebe dich“ sagen, könnte daran liegen, dass viele Menschen davon ausgehen, Frauen hätten ein größeres Bedürfnis danach, ihre Emotionen auszudrücken. Dass in Wahrheit jedoch Männer ihre Liebe früher preisgeben, könnte wiederrum daran liegen, dass es als gesellschaft­liche Norm angesehen wird, dass Männer in Liebes- und Beziehungs­angelegenheiten die Initiative ergreifen.

Weiter zeigte sich in der Studie, dass sich die teilnehmenden Frauen und Männer hinsichtlich Fragen zu Liebe, Dates, Romantik, Sex und physischer Attraktivität nicht voneinander unterschieden. Frauen sind wohl doch keine so hoffnungs­losen Romantikerinnen, wie häufig angenommen, und in vielen Männern steckt auch eine Spur Romantik. Den Liebes-Klischees über Männer und Frauen sollte also nicht blind vertraut werden.

Anzumerken ist jedoch, dass die Stichprobe der Untersuchung sehr selektiv ist, da ausschließlich junge College­studierende befragt wurden. Möglicherweise spiegeln die Ergebnisse also eine Entwicklung in jüngeren Generationen wider.

Harrison, M. A., & Shortall, J. C. (2011). Women and men in love: Who really feels it and says it first? The Journal of Social Psychology, 151(6), 727–736.

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