Kann das Streben nach dem Allerbesten zwischenmenschlich von Nachteil sein?

-Tamara Guldan-

Die Bereitschaft, eine Person zu unterstützen, fällt häufig geringer aus, wenn diese Person immer nach der bestmöglichen Option strebt, anstatt sich auch mit Optionen zu begnügen, die gut genug sind.

Haben Sie auch diese eine Person im Freundes- oder Bekanntenkreis, die stets das Allerbeste möchte und sich nicht mit der zweitbesten Option zufriedengibt? Ökonomisch gesehen haben Menschen mit solch einem Willen zur Maximierung gute Chancen, eine optimale Entscheidung zu treffen. Wie werden diese Personen allerdings in ihrem sozialen Umfeld wahrgenommen? Wie sehr würden Sie gewillt sein, einer solchen Person Unterstützung anzubieten?

Genau mit dieser Frage hat sich ein Forschungs­team um Yuqi Chen befasst. Die Forschenden wollten wissen, ob die Bereitschaft, eine Person zu unterstützen, geringer ausfällt, wenn es sich bei dieser Person um eine sogenannte Maximierende handelt, also eine Person, die immer die bestmögliche Option anstrebt, im Vergleich zu einer genügsamen Person, die mit der ersten Entscheidungs­option zufrieden ist, die ihre Bedürfnisse ausreichend stillt.

In mehreren Studien präsentierten die Forschenden ihren Versuchsteilnehmenden Beschreibungen von maximierenden oder genügsamen Personen. Die Teilnehmenden sollten angeben, wie wahrscheinlich sie diesen Personen emotionale oder praktische Unterstützung anbieten würden (z. B. ihnen bei persönlichen Problemen zuhören oder ihnen Geld leihen, wenn sie Hilfe benötigen). Die Ergebnisse zeigten, dass die Teilnehmenden maximierenden Personen tatsächlich weniger Unterstützung anbieten würden als genügsamen Personen. Doch warum ist das so?

Das Forschungs­team vermutete, dass Maximierende im Vergleich zu genügsamen Personen als weniger warmherzig wahrgenommen werden und dies der Grund für die mangelnde soziale Unterstützung sei. Da Maximierende nur mit hohen Standards zufrieden sind, finden Personen in deren Umfeld es vermutlich schwerer, diesen Standards gerecht zu werden. Aus diesem Grund rechnen sie mit weniger positiven Reaktionen wie Komplimenten oder Zustimmung von Seiten der Maximierenden und sind in der Folge weniger bereit, ihnen Unterstützung anzubieten.

Eine Lösung dieses Problems wäre es, Maximierende dazu anzuhalten, positive Reaktionen zu zeigen und damit Warmherzigkeit zu signalisieren. Das Forschungs­team konnte in einer Folgestudie zeigen, dass das tatsächlich funktioniert. Die Studien­teilnehmenden gaben an, dass sie Maximierende, die Dankbarkeit ausdrückten, eher unterstützen würden als Maximierende, die auf einen Ausdruck der Dankbarkeit verzichteten. Mehr noch: Die Teilnehmenden würden Maximierenden, die dankbar waren, und genügsamen Personen ungefähr gleich viel Unterstützung anbieten! Das Geheimnis liegt also wie so oft in einem positiven, wertschätzenden Umgang mit Anderen.

Denken Sie nun bitte an die eingangs gestellte Frage zurück, ob Sie gewillt wären, eine maximierende Person zu unterstützen. Falls Sie diese Frage mit Nein beantwortet haben, könnte dies daran liegen, dass Sie diese Person im Vergleich zu anderen Personen in Ihrem Umfeld als weniger warmherzig wahrnehmen. Vielleicht versuchen Sie diese Person bei Ihrem nächsten Treffen zu animieren, die höchstwahrscheinlich in ihr schlummernde Warmherzigkeit bewusst nach außen hin zu zeigen.

Chen, Y., Yang, Y., & Lu, J. (2022). The maximizing penalty: Maximizers are perceived as less warm and receive less social support. Social Psychological and Personality Science. Advance online publication. https://doi.org/10.1177/19485506221132377

Redaktion und Ansprech­partner*in¹: Jennifer Eck¹, David Grüning

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