Kleider machen Leute

- Clara Heißler –

Das Tragen weißer Laborkleidung kann zu besseren Ergebnissen in Aufmerksamkeits­tests führen, wenn die Kleidung mit einem Arztkittel im Gegensatz zu einem Maleranzug assoziiert wird.

In vielen Berufen ist das Arbeiten in bestimmter Kleidung üblich. So tragen BänkerInnen oftmals dunkle Anzüge, ZugführerInnen eine Bahn-Uniform und ÄrztInnen einen weißen Kittel. Eine solche Berufskleidung kann stark beeinflussen, wie die Personen, welche selbige tragen, von außen wahrgenommen werden. Beispielsweise konnte bisherige Forschung zeigen, dass TherapeutInnen als erfahrener und kompetenter eingeschätzt werden, wenn sie in formeller im Gegensatz zu informeller Kleidung auftreten. Doch kann Kleidung auch die Wahrnehmung und das Verhalten der sie tragenden Personen beeinflussen? Und spielt es dabei eine Rolle, was diese Personen genau mit ihren Kleidern in Verbindung bringen? Machen Kleider also tatsächlich Leute, wie das alte Sprichwort so schön heißt?

Hajo Adam und Adam Galinsky untersuchten, ob Personen durch das Tragen von symbolischer Kleidung unterschiedliches Verhalten zeigen, je nachdem, welche Assoziationen zur Kleidung geweckt werden. So vermuteten die Forscher, dass das Tragen eines weißen Laborkittels zu aufmerksamerem Handeln führt, wenn dieser als Arztkittel im Gegensatz zu einem Maleranzug wahrgenommen wird. Denn ein Arztkittel sollte aufgrund der Assoziation zu ÄrztInnen und deren üblichen Arbeits­weise an fokussiertes und aufmerksames Arbeiten erinnern und somit entsprechendes Verhalten wahrscheinlicher machen. Ein Maleranzug sollte diese Assoziationen und das dazugehörige Verhalten dahingegen schwächer auslösen, da in der Berufs­gruppe der MalerInnen Aufmerksamkeit und Konzentration weniger notwendig sind. Weiterhin war die Erwartung, dass der Einfluss der Kleidung insbesondere dann gegeben ist, wenn sie tatsächlich getragen und nicht nur betrachtet wird, da durch das „Erleben“ der Kleidung am eigenen Körper die Assoziation zu selbiger stärker ausgelöst werden sollte.

Um diese Annahmen zu überprüfen, führten Adam und Galinsky ein Experiment durch, in dem manche Teilnehmende einen weißen Laborkittel trugen. Dabei wurde einem Teil dieser ProbandInnen mitgeteilt, dass der Kittel ein Arztkittel sei, während ein anderer Teil erfuhr, dass es sich um einen Maleranzug handele. Einer dritten Gruppe wurde ein weißer „Arztkittel“ nur zur Betrachtung vorgelegt. Nun sollten die Teilnehmenden Unterschiede zwischen zwei auf den ersten Blick gleich aussehenden Bildern finden – eine Aufgabe, die viel Aufmerksamkeit fordert. 

Es zeigte sich, dass die Teilnehmenden, die den „Arztkittel“ trugen, im Durchschnitt mehr Fehler fanden, also aufmerksamer arbeiteten, als diejenigen, die den „Maleranzug“ anhatten oder den „Arztkittel“ nur betrachteten. Zwischen den letzten beiden Gruppen gab es dagegen keine bedeutsamen Unterschiede. In einer weiteren Studie konnte dargelegt werden, dass auch schon die bloße Identifikation mit einem „Arztkittel“ zu mehr Aufmerksamkeit führt als das Tragen eines „Maleranzuges“, dass der Einfluss des „Arztkittels“ aber am stärksten gegeben ist, wenn er sich am Körper befindet. 

Die Ergebnisse der Forschung zeigen auf, dass insbesondere das Tragen symbolischer Kleidung bestimmte Assoziationen wecken kann, welche die Wahrnehmung und das Handeln der sie tragenden Personen zu leiten vermögen. Kleider machen Leute – das alte Sprichwort lässt sich also durchaus bestätigen.

Adam, H. & Galinsky, A. D. (2012). Enclothed Cognition. Journal of Experimental Social Psychology, 48, 918–925.

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