Kooperation geht durch den Magen!
Sie haben den letzten Silvesterabend gemeinsam mit Ihren Liebsten in einer gemütlichen Raclette- oder Fonduerunde verbracht? Gut so! Denn das gemeinsame Dippen von Brot in einen Topf mit geschmolzenem Käse oder das simultane Hantieren um ein Raclette-Gerät könnte unser soziales Miteinander positiv beeinflussen.
Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass eine in Gesellschaft eingenommene Mahlzeit Menschen näher zusammenbringen kann. Kaitlin Woolley und Ayelet Fishbach bauten darauf auf, indem sie untersuchten, welchen Effekt das Essen von einem gemeinsamen Teller auf das Verhalten der beteiligten Personen hat. Sie sagten vorher, dass das Einnehmen einer Mahlzeit von einem gemeinsamen Teller im Vergleich zu zwei separaten Tellern unter den Beteiligten kooperatives Verhalten verstärken sollte. Um sich erfolgreich einen Teller zu teilen, sei schließlich ein gewisses Maß an Koordination notwendig: Zum einen bei der fairen Aufteilung der Mahlzeit untereinander, zum anderen bei der Abstimmung der Essbewegungen aufeinander. Die gute Koordination beim Essen sollte sich auch in nachfolgenden gemeinsamen Situationen zeigen und so kooperatives Verhalten unter den Beteiligten fördern.
In einer ihrer Studien bildeten die Forscherinnen zunächst Paare an Teilnehmenden. Jedes Paar erhielt zufällig entweder einen gemeinsamen oder zwei separate Teller mit Tortilla Chips zum Essen. Die Menge an Chips auf dem gemeinsamen Teller war dabei exakt doppelt so groß wie die auf den Einzeltellern. Im Anschluss an die Mahlzeit wurden die Teilnehmenden aufgefordert, eine fiktive Gehaltsverhandlung durchzuführen. Dabei trugen sie entweder die Rolle der Unternehmensleitung oder die der Gewerkschaft. Ziel war es, in möglichst wenigen Runden lediglich durch schriftliche Gebote einen Kompromiss auszuhandeln.
Die Ergebnisse zeigten, dass das Essen von einem gemeinsamen Teller im Vergleich zu zwei separaten Tellern das Verhalten während der Gehaltsverhandlung beeinflusste: Personen, die sich einen Teller teilten, brauchten für eine Einigung weniger Runden als Personen mit eigenen Tellern. Außerdem nahmen sie sich und ihr Gegenüber während des Essens und der Gehaltsverhandlung als koordinierter wahr. Das Essen vom selben Teller steigerte also die wahrgenommene Koordination unter den Beteiligten, was sich positiv auf deren Kooperationsbereitschaft auswirkte.
Die Forscherinnen gehen davon aus, dass sich der gefundene Effekt vor allem dann zeigen sollte, wenn ausreichend Essen verfügbar, die Essensmenge aber dennoch beschränkt ist. Bei Essensmangel wird kompetitives Verhalten um das knappe Essen wahrscheinlicher. Ist die Essensmenge wiederum unbegrenzt, muss nicht auf eine faire Verteilung geachtet werden und die Koordination unter den Beteiligten wird vernachlässigbar.
In geselligen Runden ist normalerwiese ausreichend Essen vorhanden, aber die Essensmenge ist dennoch beschränkt. Wird dann von gemeinsamen Tellern, Töpfen oder Raclettes gegessen, erfordert dies zwar ein gewisses Maß an Koordination, kann sich aber positiv auf das soziale Miteinander auswirken. In dem Sinne: Versuchen Sie doch auch mal unabhängig von Silvester solch gemeinsam geteilte Mahlzeiten in Ihren Alltag einzubauen.
Woolley, K., & Fishbach, A. (2019). Shared plates, shared minds: Consuming from a shared plate promotes cooperation. Psychological Science, 30(4), 541–552. doi:10.1177/0956797619830633.
Redaktion und Ansprechpartner*in¹: Jennifer Eck¹, Mariela Jaffé
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