Liebesbeziehungen – UND WAS HAT MAN(N) DAVON?

- Anna Bruk –

Männer ziehen im Vergleich zu Frauen mehr Wertschätzung aus dem sozialen Ansehen, das mit einer bestehenden Partnerschaft einhergeht.

Lea fühlt sich so gut wie noch nie – in ihrer Beziehung läuft es prima und sie fühlt sich wertgeschätzt. Bei ihrem Kumpel Tim scheint es beziehungs­technisch  hingegen Probleme zu geben, aber dafür geht er ganz in seiner Arbeit auf. Also kein Grund zur Beunruhigung – für Männer sind Beziehungen schließlich weniger zentral. So lautet zumindest das Stereotyp. Doch stimmt das?

Ein Forschungs­team um Tracy Kwang von der Universität Texas vermutete, dass auch bei Männern das Selbstwertgefühl von ihrer Liebesbeziehung abhängt – allerdings auf andere Weise als bei Frauen. Kwang und ihr Team nahmen an, dass für Frauen die emotionale Beziehungs­qualität wichtig ist, während für Männer stärker das soziale Ansehen zählt, das mit einer Partnerschaft einhergeht. So wird Mann mit einer Frau an seiner Seite mutmaßlich nicht als bindungs­un­fähiger Single angesehen, sondern erscheint gesetzt und erfolgreich – was schlussendlich auch für den männlichen Selbstwert bedeutsam sein sollte.

Erste Hinweise für diese Annahmen erhielt das Forschungs­team aus Befragungen von fast 300 Personen, die sich in einer Beziehung befanden. Entgegen stereotyper Annahmen unterschieden sich männliche und weibliche Teilnehmende nicht bedeutsam darin, wie sehr ihr Selbstwert von der Beziehungs­qualität abhing. Allerdings war der Beziehungs­status selbst, also allein der Fakt, einen Partner oder eine Partnerin zu haben, für Männer wichtiger als für Frauen. Diese höhere zugeschriebene Bedeutung wurde teilweise darüber vermittelt, dass Männer soziales Ansehen stärker als einen Nutzen von Beziehungen betrachteten als Frauen. 

Darauf aufbauend untersuchte das Forschungs­team in einer experimentellen Studie, ob Männer bei der Bedrohung ihrer Beziehung spontan stärker als Frauen an ihr soziales Ansehen denken während Frauen sich verstärkt Gedanken über Bindung und Zugehörigkeit machen. Zur Testung dieser Annahme sollten die Teilnehmenden sich vorstellen, wie ihr Leben sich verändern würde, wenn sie sich von ihrem Partner oder ihrer Partnerin trennen würden und dazu ihre Gedanken aufschreiben. Um die Inhalte der Texte gezielt untersuchen zu können, wurden diese auf Schlagworte hin analysiert, die Bindung und soziales Ansehen signalisieren. Bisherige Forschung hat bereits gezeigt, dass solche Analysen der Wortwahl etwas über die Prioritäten in Gedanken und Gefühlen aussagen können. 

In der Tat zeigte sich, dass  Männer im Vergleich zu Frauen beim Gedanken an eine Trennung deutlich mehr Wörter verwendeten, die mit sozialem Ansehen verbunden sind. Frauen erwähnten hingegen öfter bindungs­bezogene Wörter. 

Liebesbeziehungen sind also laut den Ergebnissen der Studien auch für den Selbstwert von Männern wichtig. Obwohl für Männer wie für Frauen die Beziehungs­qualität wichtig ist, spielt für sie auch das soziale Ansehen, das mit einer bestehenden Partnerschaft einhergeht, eine Rolle. Diese Studien wurden allerdings nur in den USA durchgeführt und die Teilnehmenden waren im Schnitt 18 bis 36 Jahre alt. Ob ähnliche Effekte auch in anderen Altersklassen oder Kulturen zu finden sind, in denen Partnerschaften einen unterschiedlichen Stellenwert haben, bleibt noch als Frage der zukünftigen Forschung überlassen.

Kwang, T., Crockett, E. E., Sanchez, D. T., & Swann, Jr. W. B. (in press). Men seek social standing, women seek companionship: Sex differences in deriving self-worth from relations­hips. Psychological Science. 

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