Lustigmacher Alkohol?

- Judith Keemss & Philipp Stangier –

Alkohol lässt nicht Witze lustiger erscheinen, sondern die Zeit dazwischen.

Waren Sie schon einmal Fahrer*in an einem Partyabend oder konnten aus irgendwelchen anderen Gründen in einer Gruppe als einzige Person keinen Alkohol konsumieren? Dann kennen Sie vielleicht das folgende Phänomen: Die Alkoholisierten um Sie herum scheinen den Abend lustiger zu finden, häufiger zu lachen und mehr Spaß zu haben als Sie selbst. Doch was genau macht Alkohol zum Lustigmacher?  

Um Antworten auf diese Frage zu bekommen, untersuchten US-amerikanische Forschende um Catharine Fairbairn, ob Alkohol Witze lustiger erscheinen lässt (also ob öfter gelächelt wird, wenn ein Witz gemacht wird) oder ob nicht eher durch Alkohol die Zeit zwischen Witzen als lustiger empfunden wird (also ob öfter gelächelt wird, wenn gerade keine Witze gemacht werden). Sie nahmen an, dass alkoholisierte Personen besser mit stilleren Momenten umgehen können, da ihnen die Stille weniger unangenehm sei als nüchternen Personen.

In ihrer Studie wurden jeweils drei Teilnehmende, die sich nicht kannten, an einen Tisch gesetzt und erhielten alle das gleiche Getränk. Manche Dreier­gruppen erhielten ein alkoholhaltiges Getränk (Wodka Cranberry), andere erhielten ein alkoholfreies Getränk, das jedoch nach Alkohol schmeckte (Tonic Cranberry) und wiederum andere Gruppen erhielten ein alkoholfreies Getränk (Cranberrysaft). Anschließend hörte die jeweilige Gruppe zusammen eine fünfminütige Stand-Up-Comedy-Einlage des US-Komikers Jerry Seinfeld. Währenddessen wurden die Gesichtsausdrücke der Gruppen­mitglieder aufgezeichnet, um die Häufigkeit des Lächelns während und zwischen Witzen zu erfassen (was als „Witz“ galt, wurde vorher von an der Studie unbeteiligten Personen definiert).

Die Analyse der Gesichtsausdrücke ergab, dass die Dreier­gruppen, die Wodka Cranberry tranken – also das alkoholhaltige Getränk – häufiger als die nüchternen Gruppen zwischen den Witzen innerhalb der Stand-Up-Comedy-Einlage lächelten. Während der Witze unterschieden sich die Gruppen hinsichtlich der Häufigkeit des Lächelns jedoch nicht. Egal, ob alkoholisiert oder nicht – alle Gruppen lächelten gleichermaßen über die Höhepunkte innerhalb der Einlage. Der Alkohol schien also nicht die Witze selbst witziger zu machen, sondern vielmehr die Zeit dazwischen.

Zusammengefasst konnten die Studien zeigen, dass Alkohol nicht Witze per se lustiger macht, sondern eher die Zeit zwischen Witzen beeinflusst. Es kann also vermutet werden, dass man ohne Alkohol nicht die besonders lustigen Teile des Abends weniger genießt, sondern die Momente dazwischen nicht so gut überbrücken kann.

Dies ist eine der ersten Studien, die sich mit dem Zusammenhang von Alkohol und Humor in sozialen Situationen auseinandergesetzt hat. Zukünftige Forschung sollte die Hintergründe dieses Zusammenhangs genauer untersuchen, damit man die Bedingungen dafür schaffen kann, dass alle einen lustigen Abend haben, egal ob mit oder ohne Alkohol. Vielleicht reicht jedoch auch schon die Er­kenntnis, dass die nüchternen Freund*innen nicht ganz so viel Spaß haben, dafür aus, dass ihnen einmal mehr für die Geduld mit den angetrunkenen Insass*innen während der Rückfahrt gedankt wird.

 

Fairbairn, C.E., Velia, B.A., Creswell, C.G., & Sayette, M.A. (2020). A dynamic analysis of the effect of alcohol consumption on humor enjoyment in a social context. Journal of Experimental Social Psychology, 86. doi.org/10.1016/j.jesp.2019.103903

Redaktion und Ansprecht­partner*in¹: Maria Douneva¹, Selma Rudert

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