Macht uns das Streben nach Glück glücklicher ?

- Anna Lisson, Leila Plohmann & Berkan Akin –

Der einfache Wunsch, nach mehr Wohlbefinden, reicht scheinbar nicht aus, um sich langfristig glücklich zu fühlen. Bemühen wir uns stattdessen um persönliches Wachstum, so können wir tatsächlich Fortschritte erzielen.

Ein glückliches Leben zu führen scheint das ultimative Ziel vieler Menschen zu sein und begleitet sie ein Leben lang. Doch wie wird man eigentlich glücklich? Macht uns das Streben nach Glück wirklich glücklicher, oder schlägt es in Wahrheit fehl?

In der psychologischen Forschung unterscheidet man hedonistisches Glück von eudaimonischem Glück. Hedonistisches Glück, welches auf den griechischen Philosophen Epikur zurückgeht, versteht Glück als Zufriedenheit mit dem eigenen Leben und allgemeines Wohlbefinden. Dem gegenüber steht eudaimonisches Glück, welches auf Aristoteles zurückgeht, und als das Verfolgen von persönlichem Wachstum und Selbstverwirklichung aufgefasst wird. Macht die Art des Glücks, das wir verfolgen, einen Unterschied für unser Glücklichsein?

Ein Forschungs­team um Ken Sheldon ging dieser Frage nach und untersuchte, ob das Ziel sich besser fühlen zu wollen (hedonistisches Glück) oder das Ziel persönlich wachsen zu wollen (eudaimonisches Glück) erfolgreicher ist. Zur Prüfung dieser Frage wurde eine Längsschnittstudie durchgeführt, bei welcher Psychologie­studierende drei Mal im Abstand von 6 Wochen Fragebögen ausfüllten. Zuerst wurde nach der persönlichen Motivation gefragt, sich in Zukunft besser fühlen zu wollen (hedonistisches Streben) und persönlich wachsen zu wollen (eudaimonisches Streben). Sechs und 12 Wochen später wurde das hedonistische und eudaimonische Glück gemessen. Das empfundene hedonistische Glück wurde durch Fragebögen erfasst, in welchen die Teilnehmenden zum Beispiel gefragt wurden, wie zufrieden sie mit dem eigenen Leben sind und wie wohl sie sich generell fühlen. Das persönliche Wachstum (eudaimonisches Glück) wurde mit Fragebögen gemessen, bei denen die Teilnehmenden angaben, wie wichtig ihnen innere Werte, wie beispielsweise anderen helfen, im Vergleich zu nach außen gerichteten Werten, wie beispielsweise ein höheres Ansehen, sind.

Die Ergebnisse zeigen, dass das Ziel, sich besser fühlen zu wollen, keinen bedeutsamen Effekt auf das hedonistische Glück 6 und 12 Wochen später hatte. Das Ziel persönlich wachsen zu wollen, sagte hingegen persönliches Wachstum 6 und 12 Wochen später vorher. Allerdings führte persönliches Wachstum nicht zu mehr hedonistischem Glück.

Die Autoren der Studie erklärten diese Ergebnisse damit, dass das Ziel sich besser fühlen zu wollen, wenig handlungs­orientiert ist. Dies bedeutet, dass man keine konkreten Pläne oder Vorstellungen zur Hand hat, wie man dieses Ziel durch seine eigenen Handlungen erreichen könnte. Das Ziel persönlich wachsen zu wollen hingegen, bringt klare Ideen mit sich wie man handeln könnte, um sein Ziel zu erreichen. Zu kritisieren wäre an der Studie, dass eudaimonisches Glück durch berichtete Wertvorstellungen gemessen wurde. Es bleibt offen, ob dies tatsächlich mit mehr werte­orientiertem Verhalten der Personen zusammenhängt. Weswegen eudaimonisches Glück nicht zu mehr hedonistischem Glück geführt hat, lassen die Forschenden offen.

Zusammengefasst reicht der einfache Wunsch, nach mehr Wohlbefinden, scheinbar nicht aus, um sich langfristig glücklich zu fühlen. Bemühen wir uns stattdessen um persönliches Wachstum, so können wir tatsächlich Fortschritte erzielen. Vielleicht erfüllt uns der Erfolg dieses Wachstums auf indirektem Wege mit dem ersehnten Wohlbefinden. Doch dies muss erst noch in zukünftiger Forschung untersucht werden.

 

Sheldon, K. M., Corcoran, M., & Prentice, M. (2019). Pursuing Eudaimonic Functioning Versus Pursuing Hedonic Well-Being: The First Goal Succeeds in Its Aim, Whereas the Second Does Not. Journal of Happiness Studies, 20 (3), 919–933. https://doi.org/10.1007/s10902-018-9980-4

Redaktion und Ansprech­partner*in¹: Thomas Dyllick¹, Janin Rössel

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