Männer essen anders. Frauen auch. Warum?

- Franziska Schmidt –

Geschlechtsstereotype beeinflussen unbewusst unsere Essensvorlieben

Mädchen tragen rosa, Jungen blau. Frauen sind zart, verständnisvoll und tanzen Ballett. Männer sind stark, kompetent und spielen Fußball. Frauen treffen sich zum Kaffeeklatsch und Männer veranstalten Grillabende. All dies sind weit verbreitete Geschlechtsstereotype. Doch haben diese auch Aus­wirkungen auf unser tatsächliches Ess­verhalten?

Bisherige Forschung zeigt, dass zusätzlich zu angeborenen Vorlieben (z.B. für Süßes) auch kulturelle und soziale Faktoren eine entscheidende Rolle bei der Essenswahl spielen. Wir tendieren dazu, eher das zu essen, was auch andere in unserer Kultur essen. Außerdem wird gesundes Essen, wie etwa ein grüner Salat, eher mit Weiblichkeit und ungesundes Essen, wie z.B. ein großes Steak, eher mit Männlichkeit in Verbindung gebracht.

Ein Forschungs­team um Luke (Lei) Zhu ging der Frage nach, wie diese stereotypen Vorstellungen über Frauen und Männer unbewusst die eigenen Essensvorlieben beeinflussen. In einer ersten Studie wurde bei allen Teilnehmenden –unabhängig vom tatsächlichen Geschlecht- das Konzept „Weiblichkeit“ oder „Männlichkeit“ aktiviert (schließlich hat jeder von uns eine weibliche und männliche Seite). Dafür wurden sie gebeten verschiedene Wörter in eine Satzreihenfolge zu bringen. In der „weiblichen“ Bedingung enthielten die Sätze Wörter wie „Ballett“ oder „pink“, in der „männlichen“ Bedingung Wörter wie „Fußball“ oder „blau“. Danach wurden die Essensvorlieben abgefragt. Dafür mussten sich die Teilnehmenden jeweils zwischen zwei Produkten entscheiden. So sollten sie z.B. angeben, ob sie eher Ofenkartoffeln oder Pommes frites bevorzugen. Tatsächlich entschieden sich in der „weiblichen“ Bedingung sowohl Frauen als auch Männer eher für die gesunde Variante (d.h. Ofenkartoffeln), während Teilnehmende in der „männlichen“ Bedingung eher ungesundes Essen (d.h. Pommes rrites) wählten.

In einer weiteren Studie untersuchte das Forschungs­team, inwiefern die Art der Verpackung die Essenswahl beeinflussen kann. Hierfür wurde den Teilnehmenden ein Muffin angeboten, der einmal als kalorienarm („Health Muffin“) und einmal als kalorienreich („Mega Muffin“) beschrieben war. Darüber hinaus gab es zwei verschiedene Verpackungen. Auf der „weiblichen“ Verpackung war eine Balletttänzerin dargestellt, auf der “männlichen“ Verpackung Männer beim Fußballspielen. Passten die Beschreibung des Muffins und die Verpackung nach dem Geschlechtsstereotyp zusammen, also „Health Muffin“ + Balletttänzerin und „Mega Muffin“ + Fußballspieler, fielen die Produkt­bewertungen von weiblichen und männlichen Teilnehmenden positiver aus als wenn Beschreibung und Verpackung nicht zusammenpassten (d.h., „Health Muffin“ + Fußballspieler und „Mega Muffin“ + Balletttänzerin). So gaben die Teilnehmenden bei Übereinstimmung an, den Muffin ansprechender zu finden und eher kaufen zu wollen. Außerdem bewerteten sie sogar den tatsächlichen Geschmack positiver. Wichtig ist an dieser Stelle, dass den Teilnehmenden die Beeinflussung durch die Verpackung nicht bewusst war.

Diese Studien zeigen, dass Geschlechtsstereotype unsere Essensvorlieben beeinflussen können. Allein die unbewusste Aktivierung von „Weiblichkeit“ oder „Männlichkeit“ bewirkt, dass eher gesundes oder eher ungesundes Essen bevorzugt wird. Darüber hinaus werden Produkte positiver beurteilt, deren Verpackung mit dem vorherrschenden Geschlechtsstereotyp (gesund = weiblich, ungesund = männlich) übereinstimmen. Interessanterweise zeigen sich diese Befunde gleichermaßen für Frauen wie für Männer. So können Geschlechtsstereotype sehr subtil eher unsere weibliche oder eher unsere männliche Seite zum Vorschein bringen und damit beeinflussen, ob wir beim nächsten Grillabend zum knackigen Salat oder doch zum saftigen Steak greifen.

Zhu, L. (L.), Brescoll, V. L., Newman, G. E., & Uhlmann, E. L. (2015). Macho Nachos: The implicit effects of gendered food packaging on preferences for healthy and unhealthy foods. Social Psychology. Advance online publication. doi 10.1027/1864-9335/a000226

Redaktion und Ansprech­partnerIn*: Christiane Schöl*, Judith Tonner

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