Mein Haus, mein Auto – keine Freundschaften

- Andreas Neubauer –

Die Zurschaustellung von Status hilft nicht beim Finden neuer Freundschaften

Peter ist auf einer Party eingeladen und möchte dort gerne neue Freundschaften schließen. Er überlegt sich, wie er dort auftreten will und beschließt, dass er herausstechen will, damit die anderen Gäste auf ihn aufmerksam werden. Er greift also zu seiner teuren Uhr und fährt mit dem größeren Auto hin. Logisch, man will ja auffallen. Jetzt steht er auf der Party und alle um ihn herum tragen ihren teuersten Schmuck und fahren alle noch größere Autos. Er findet das irgendwie zu viel, fühlt sich von den anderen Gästen eingeschüchtert und beschließt, dass er nicht mit den anderen Gästen in Kontakt bleiben will. Diese Situation beschreibt ein Paradox: Peter hat seinen Status zur Schau gestellt, um neue Freundschaften zu schließen – will sich aber nicht mit anderen anfreunden, die das ebenfalls tun. Ist das alles nur ein Gedankenspiel oder können wir ein solches widersprüchliches Verhalten auch im echten Leben beobachten? Glauben wir, dass wir besser bei anderen ankommen, wenn wir uns mit Statussymbolen (dem neuesten Handy, dem Designerkleid,…) zeigen, obwohl das vielleicht gar nicht stimmt?

In einer aktuellen Arbeit gingen Forschende um Stephen Garcia aus den USA, Israel und Singapur dieser Frage nach. Sie vermuteten, dass Personen erwarten, dass ihnen statusbesetzte Gegenstände (z.B. teurere Autos und Uhren) dabei helfen würden, neue Freundschaften zu schließen, da Statussymbole anderen signalisieren, dass man Einfluss besitzt und somit eine attraktive Freundschaft wäre. Die Forschenden erwarten aber auch, dass Personen gleichzeitig weniger dazu bereit wären, Freundschaften mit anderen zu schließen, die ihre Statusobjekte zur Schau stellen, da wir uns im Vergleich mit diesen vorgeblich statushohen Personen schlecht und unterlegen fühlen würden.  

In mehrere Studien untersuchte das Forschungs­team, welches Auto, welche Uhr oder welches Outfit die Teilnehmenden auswählen würden, wenn sie zu einer Veranstaltung eingeladen würden, bei der sie neue Freund*innen kennenlernen möchten. Die Mehrheit der Teilnehmenden wählte eher den BMW als den Honda, die Tag Heuer statt der markenlosen Uhr, sowie das T-Shirt mit dem Aufdruck „Saks Fifth Avenue“ statt „Walmart“. Wenn die Teilnehmenden allerdings befragt wurden, wie gerne sie sich mit einer anderen Person anfreunden würden, zeigte sich die umgekehrte Präferenz: So bevorzugten sie Personen, mit dem günstigen, statt dem teuren Objekt als mögliche zukünftige Freund*innen. Dieses sogenannte Statussignalparadox zeigte sich dabei in unterschiedlichen Personen­gruppen (Studierende; wohlhabende Personen, die gerade beim Einkaufen waren; Teilnehmer*innen an Online­studien).

Zusammengefasst zeigen diese Ergebnisse, dass die Selbstwahrnehmung dessen, was in sozialen Situationen hilfreich sein könnte, von der Wahrnehmung anderer Personen abweichen kann: Wir mögen glauben, dass uns Statussymbole beim Schließen neuer Freundschaften helfen, in Wirklichkeit tun sie das aber nicht immer – oder schaden diesem Zweck sogar. Beim nächsten Mal, wenn wir vor der Wahl stehen, ob wir ein Statussymbol zur Schau stellen wollen, sollten wir uns fragen: Wie würde wir reagieren, wenn wir das bei anderen beobachten? Würden wir uns mit ihnen anfreunden wollen? Die Antwort auf diese Frage kann uns bei dieser Entscheidung weiterhelfen, wenn wir wieder zweifelnd vor dem Kleiderschrank stehen, um unser Outfit für die nächste Party zu wählen.

 

Garcia, S. M., Weaver, K., & Chen, P. (2019). The Status Signals Paradox. Social Psychological and Personality Science, 10(5), 690–696. doi.org/10.1177/1948550618783712

Redaktion und Ansprech­partner*in¹: Selma Rudert¹, Lucia Boileau

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