Merci, dass es Dich gibt!

- Lucia Boileau –

Dankbarkeit tut gut – sowohl dem, der sie zeigt als auch dem, der sie erhält. Die positive Wirkung für den/die Empfänger/in scheinen wir jedoch oft zu unterschätzen, was dazu führt, dass wir eher einmal zu wenig als einmal zu viel zeigen, dass wir jemandem dankbar sind.

Wann haben Sie zuletzt einem lieben Menschen einfach mal „Danke“ gesagt? Ihnen wird bestimmt eine Person einfallen, der Sie für etwas dankbar sind, aber vielleicht nicht so schnell eine Situation, in der Sie das auch zum Ausdruck gebracht haben. Dabei deuten einige Studien darauf hin, dass Dankbarkeit positiv zum Wohlbefinden der „Sendenden“ sowie der „Empfangenden“ des Dankes beiträgt. Doch warum gehen wir damit dann so sparsam um?

Ein möglicher Grund ist der menschliche Hang, von sich auf andere zu schließen und vorauszusetzen, dass Mitmenschen schon wissen, wenn man ihnen dankbar ist. Auch existiert die Tendenz, während sozialer Interaktionen bei sich selbst eher leistungs­bezogene Maßstäbe zu setzen, wobei das Gegenüber auf ganz andere Dinge achtet: Während wir uns also noch Gedanken über die optimale Wortwahl machen, zählt für andere einfach die nette und schöne Geste. Die Annahme, dass wir aufgrund dieser Denkmuster verkennen, wie positiv ein einfaches „Danke“ beim Gegenüber ankommen kann, bildet den Ausgangspunkt für die Studie von Amit Kumar und Nicholas Epley.

Die Forscher forderten Studierende dazu auf, selbst verfasste Danksagungs­briefe an Bekannte zu verschicken sowie deren Reaktionen einzuschätzen. Auch die Empfänger/innen wurden kontaktiert und bezüglich ihrer tatsächlichen Reaktion befragt, sodass im Anschluss die Einschätzungen verglichen werden konnten. Die Ergebnisse zeigen, dass die Studierenden den Erhalt eines solchen Briefs zwar als positives Erlebnis für die Empfänger/innen  werteten, jedoch unterschätzen sie das Ausmaß der Wirkung: Die Adressaten/innen gaben an, positiver gestimmt und weniger peinlich berührt zu sein sowie die Briefe als warmherziger wahrzunehmen, als die Sender/innen vermutet hatten. Die größte Diskrepanz fand sich bezüglich der Frage, ob in den Briefen die richtigen Worte gewählt wurden. Hier waren die Studierenden besonders pessimistisch und glaubten, dass die Empfänger/innen die Formulierungen als deutlich weniger gelungen wahrnehmen würden, als sie es tatsächlich taten. Für die Autoren stützt dieses Ergebnis die eingangs erwähnte Idee, dass Sendende und Empfangende mit zweierlei Maß messen: Während sich die Sendenden zu fragen scheinen, wie kompetent sie erscheinen und besorgt über ihre Wirkung sind, scheint dies für die Empfangenden des Danks eher zweitrangig zu sein.

Ob die erwartete Reaktion der Empfangenden auch die Bereitschaft beeinflusst, Dankbarkeit zu zeigen, wurde in einer weiteren Studie untersucht. Hierzu sollten die Teilnehmenden an sechs Personen denken und deren Reaktionen auf einen potentiellen Danksagungs­brief einschätzen. Im Anschluss sollte dann ein echtes Schreiben verfasst und verschickt werden. Auch hier bestätigen die Befunde die Vermutungen: Je negativer die Reaktion einer Person hinsichtlich empfundener Stimmung und peinlicher Berührtheit eingeschätzt wurde, desto seltener wurde ihr ein Dankschreiben geschickt. Interessant ist hier auch die Wirkung der Danksagungs­briefe auf die Sendenden selbst – diese gaben nach dem Schreiben und Verschicken an, positiver gestimmt zu sein als sonst.

Die Studie legt nahe, dass wir dazu neigen, das Ausdrücken unserer Dankbarkeit von der erwarteten Reaktion des Gegenübers abhängig zu machen und dabei zu unterschätzen, wie viel Freude wir beim Gegenüber erzeugen. Gleichzeitig scheinen wir die Chance, eine peinliche Situation zu verursachen zu überschätzen, obwohl das Zeigen von Dankbarkeit sogar bei uns selbst zu positiven Gefühlen führen kann. In diesem Sinne: Überlegen Sie nicht zu viel und sagen Ihren Lieben ganz einfach: Merci, dass es Dich gibt!

Kumar, A., & Epley, N. (2018). Undervaluing Gratitude: Expressers Misunderstand the Consequences of Showing Appreciation. Psychological Science, 1–13. doi: 10.1177/0956797618772506

Redaktion und Ansprech­partnerIn*: Selma Rudert*, Michael Wagner

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