Na, neugierig?

-Verena Hofman-

Die Neugier auf eine Information ist größer, wenn diese zuvor selbst ausgesucht werden konnte.

Sind Sie schon neugierig auf den Inhalt dieses Beitrags? Falls Sie sich selbst für das Lesen dieses Artikels entschieden haben, sollten Sie gespannter darauf sein, als wenn Sie keine Wahl hatten – das legen zumindest die Forschungs­ergebnisse der Gruppe um Verdugo (2022) nahe.

Neugier, also das innere Streben nach neuen Informationen, ist oft ein entscheidender Antrieb für unser Handeln. Gleichzeitig stehen uns im Alltag derart viele Informationen zur Verfügung, dass es unmöglich ist, alle davon aufzunehmen. Es ist also notwendig, eine Auswahl zu treffen. Manchmal können wir diese Auswahl selbst treffen (z. B. das TV-Programm). Manchmal haben wir keine Wahl (z. B. beim Unterricht im traditionellen Klassenzimmer). Doch macht es einen Unterschied für unsere Neugier, ob wir selbst entscheiden konnten, eine Information zu beziehen, oder ob sie uns vorgelegt wurde?

Bisherige Forschung zeigt, dass Personen selbst gewählte Themen interessanter finden als vorgegebene. Zudem messen sie Optionen, die sie frei wählen konnten, einen höheren Wert bei. Auf diesen Befunden aufbauend vermutete die Forschungs­gruppe um Verdugo, dass Menschen neugieriger auf den Inhalt einer Information sind, wenn sie diese zuvor selbst ausgesucht haben.

Um ihre Hypothese zu prüfen, führten die Forschenden zwei Experimente durch. Hierbei wurden Teilnehmenden in mehreren Durchgängen jeweils zwei Glücksspiele vorgestellt, in denen sie kleine Geldbeträge gewinnen konnten. Zunächst sollten die Teilnehmenden angeben, welches der beiden Spiele sie lieber spielen würden. Danach durften sie in der Hälfte der Durchgänge tatsächlich selbst bestimmen, welches Spiel sie spielten. In der anderen Hälfte entschied der Computer. Die Wahl des Computers entsprach dabei wiederum hälftig der zuvor angegebenen Präferenz, hälftig der anderen Option. Im ersten Experiment wurden die Teilnehmenden nach jedem Glücksspiel gefragt, wie neugierig sie seien, das Ergebnis zu erfahren. Unabhängig von Ihrer Antwort wurde ihnen das Spielergebnis manchmal angezeigt, manchmal nicht. Im zweiten Experiment wurde Neugier indirekter gemessen: Die Teilnehmenden konnten nach jeder Spielrunde entscheiden, ob sie das Spielergebnis mit einigen Sekunden Verzögerung sehen oder lieber umgehend weiterspielen wollten. Die Bereitschaft zu warten, gilt in der Forschung als Anzeichen für Neugier. In beiden Experimenten wurden die erspielten Beträge der Teilnahmevergütung hinzugefügt.

Sowohl bei der direkten wie auch der indirekten Messung zeigte sich, dass die Teilnehmenden neugieriger auf das Spielergebnis waren, wenn sie das Spiel zuvor selbst auswählen durften, anstatt es vom Computer vorgesetzt zu bekommen. Dies galt sogar dann, wenn der Computer das von den Teilnehmenden bevorzugte Spiel für sie auswählte.

Insbesondere im Lernkontext haben die Ergebnisse der Forschungs­gruppe Bedeutung. Sie legen nah, dass das Interesse für Lernstoff erhöht werden kann, wenn dabei Wahl­möglichkeiten bestehen. Lehr­ende oder Vorgesetzte können diesen Effekt nutzen und das Interesse für Inhalte erhöhen, indem sie eine Vielfalt an Material schaffen und die eigenständige Wahl daraus erlauben.

Verdugo, P. R., van Lieshout, L. L. F., de Lange, F. P., & Cools, R. (2023). Choice boosts curiosity. Psychological Science, 34(1), 99–110. https://doi.org/10.1177/09567976221082637

Redaktion und Ansprech­partner*in¹: Bianca von Wurzbach¹, Mona Salwender

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