In Deutschland ernähren sich zwischen fünf und zehn Prozent der Bevölkerung vegetarisch (also unter Verzicht auf Fleisch und Fisch) oder vegan (also unter Verzicht auf sämtliche tierische Produkte). Die Tendenz ist steigend. Gründe hierfür können unter anderem ethische, ökologische und gesundheitliche Überzeugungen sein.
Sozialpsychologische Forschung fand zudem Hinweise darauf, dass auch politische Ansichten eine Rolle bei der Wahl der persönlichen Ernährungsweise spielen können. So essen Personen, die sich der politischen Konservativen zuordnen, mit größerer Wahrscheinlichkeit Fleisch als Personen der politischen Linken. Als Ursachen konnten zwei Schlüsselmechanismen identifiziert werden: Zum einen fassen Personen mit konservativerer politischer Einstellung den Menschen häufiger als dem Tier überlegen auf. Darüber hinaus glauben sie eher, dass Vegetarismus und Veganismus die bestehende Kultur gefährden könnten.
Vor diesem Hintergrund stellte sich das kanadische Forschungsteam Gordon Hodson und Megan Earle die Frage, inwiefern politische Überzeugungen auch ausschlaggebend für den Wechsel von einer vegetarischen oder veganen zurück zu einer fleischhaltigen Ernährung sein können. Sie nahmen an, dass mit dem politischen Konservatismus von Personen die Wahrscheinlichkeit steigt, dass sie von einer vegetarischen und veganen Ernährungsweise zu einer fleischhaltigen zurückkehren. Als Erklärung vermuteten sie unter anderem eine bei der Wahl der Ernährungsweise geringere Relevanz von Gerechtigkeitsaspekten (z.B. Tier- und Umweltschutz) und eine als niedriger wahrgenommene soziale Unterstützung.
Um ihre Hypothesen zu überprüfen, analysierten die Forschenden Daten einer repräsentativen Umfrage aus den USA. In dieser Stichprobe hatten sich über 1300 Personen als vegetarisch oder vegan eingestuft oder vermerkt, dass sie nach entsprechender Ernährung zum Fleischkonsum zurückgekehrt waren. Darüber hinaus waren auch die Gründe für die Wahl beziehungsweise Abkehr von der vegetarischen oder veganen Ernährung sowie ihre politische Einstellung abgefragt.
Die Analyse der Daten zeigte, dass mit dem politischen Konservatismus der Befragten tatsächlich die Wahrscheinlichkeit stieg, dass sie von einer vegetarischen oder veganen Ernährung zum Genuss von Fleisch zurückgekehrt waren. Wie vermutet, ließ sich dieser Effekt zum einen dadurch erklären, dass Personen mit konservativerer Einstellung weniger von Fragen sozialer Gerechtigkeit zur veganen oder vegetarischen Ernährung motiviert worden waren. Zum anderen fühlten sie sich von ihrem sozialen Umfeld weniger in dieser Ernährungsweise unterstützt. Das Alter, das Geschlecht und der Bildungsgrad der Personen hatten dabei keinen Einfluss auf die Ergebnisse.
Die Befunde legen nahe, dass politische Einstellungen, die subjektive Bedeutung von sozialer Gerechtigkeit sowie soziale Unterstützung oftmals mit dem Aufrechterhalten einer vegetarischen oder veganen Lebensweise zusammenhängen. So lässt sich vermuten, dass politisch Konservative nachhaltiger von einer veganen oder vegetarischen Ernährung überzeugt werden können, wenn bei ihnen die wahrgenommene Relevanz von sozialer Gerechtigkeit gestärkt oder der Hinweis gegeben wird, dass es immer mehr vegetarisch und vegan lebende Menschen gibt, die sich gegenseitig unterstützen – auch im politisch konservativeren Lager.
Hodson, G., & Earle, M. (2018). Conservatism predicts lapses from vegetarian/
Robert-Koch-Institut (2016): Verbreitung der vegetarischen Ernährungsweise in Deutschland, Abgerufen am 28.11.2018 von www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/JoHM_2016_02_ernaehrung1a.html
Skopos (2016): 1,3 Millionen Deutsche leben vegan. Abgerufen am 28.11.2018 von www.skopos.de/news/13-millionen-deutsche-leben-vegan.html
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