Nur ein Spiel?

- Marit Eidt –

Die wiederholte Nutzung gewalthaltiger Computer­spiele führt zu einer verstärkten Erwartung, dass sich andere feindselig verhalten und zu zunehmender Aggressivität.

Gewalthaltige Computer­spiele wie „Co­unter-Strike“ geraten häufig in Verruf und werden immer wieder als Ursache von Aggressivität bei Jugendlichen diskutiert. Nicht zuletzt waren Amokläufe an Schulen Auslöser für ein breites Interesse von Medien, Politik und Forschung an den Aus­wirkungen dieser Spiele.

Zahlreiche wissenschaft­liche Studien haben Zusammenhänge zwischen dem Konsum gewalthaltiger Medien und aggressivem Verhalten bereits belegt. Jedoch beschränkten sich diese Studien oftmals nur auf einen Zeitraum weniger Minuten des Spielens und das gezeigte Verhalten direkt im Anschluss daran. Dabei sollte doch gerade der langfristige Kontakt mit gewalthaltigen Spielen die Tendenz zu aggressivem Verhalten verstärken.

Ein Team um den Forscher Youssef Hasan hat den Effekt von gewalthaltigen Computer­spielen auf aggressives Verhalten über drei Tage hinweg an 70 Studierenden untersucht. Eine längere Dauer war aufgrund ethischer Richtlinien nicht möglich. Die Forscher vermuteten, dass der wiederholte Umgang mit aggressiven Inhalten in Computer­spielen zu der Erwartung führt – und diese verstärkt, dass sich Mitmenschen auch im wahren Leben aggressiv verhalten. Dies sollte wiederum zu mehr Aggressionen seitens der Computer­spielenden führen.

Um dieses Modell zu testen, wurden die Studierenden per Zufall in zwei Gruppen eingeteilt. Davon spielte eine Gruppe jeden Tag 20 Minuten ein  gewalthaltiges und die andere Gruppe ein friedliches Computer­spiel. Nach dem Spielen wurden an jedem Tag zwei weitere Aufgaben bearbeitet. So sollten die Teilnehmenden sich Fortsetzungen für ungewiss endende Geschichten ausdenken, beispielsweise wie ein unschuldiger Autofahrer nach einem Unfall auf die verantwortliche Person reagieren wird. Mit dieser Aufgabe sollten feindselige Erwartungen erfasst werden. Zudem nahmen sie an einem Computer­spiel teil, in dem sie schneller als eine andere Person auf einen Reiz reagieren sollten. Da es tatsächlich keine andere Person gab, wurde den Teilnehmenden zufällig in der Hälfte der Durchgänge rückgemeldet, sie wären schneller gewesen. Ihrem vermeintlich unterlegenen Gegenüber konnten sie dann einen unangenehmen Ton, der eine Mischung aus dem Kratzen von Fingernägeln an einer Tafel und anderen unangenehmen Geräuschen war, zuspielen und diesen in Lautstärke und Länge variieren. Die Dauer und Intensität der verabreichten Töne wurde als Maß für die Aggressivität gegenüber der anderen Person erfasst.

Tatsächlich entwickelten die Teilnehmenden der Gruppe mit gewalthaltigen Spielen über die drei Tage zunehmend feindselige Erwartungen und zeigten ein aggressiveres Verhalten als die Gruppe mit friedlichen Computer­spielen. Die Aggressivität nahm bei gewalttätigen Inhalten über die drei Tage hinweg stetig zu, was teilweise auf die steigend feindseligen Erwartungen zurückgeführt werden konnte.

Tatsächlich führt der langfristige Umgang mit gewalthaltigen Computer­spielen also zu zunehmend aggressiven Verhaltensweisen. Inwiefern sich diese Tendenz über eine längere Zeit abschwächt, kann mit der vorliegenden Studie nicht abgeschätzt werden. Alarmierend ist in jedem Fall, dass gewalthaltige Spiele eine feindselige Sicht auf unsere Mitmenschen fördern.

Hasan, Y., Bègue, L., Scharkow, M., & Bushman, B. J. (2013) The more you play, the more aggressive you become: A long-term experimental study of cumulative violent video game effects on hostile expectations and aggressive behavior. Journal of Experimental Social Psychology, 49, 224–227.

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