Putz dich schlank!

- Anne Landhäußer –

Einen Placebo-Effekt gibt es auch in Sachen Fitness.

Es soll schon vorgekommen sein, dass einer auf der abendlichen Party feuchtfröhlich über schwierige Wörter und die eigenen Füße stolperte, etwas verhalten seinen „leicht angeheiterten“ Zustand verkündete und im Anschluss feststellte, dass er aus Versehen den ganzen Abend über nur alkoholfreies Bier getrunken hatte. Es gibt diese Fälle, da scheint der Segen eines Priesters oder die Berührung eines zweifelhaften Wunderheilers die schwersten Krankheiten zu heilen. Dass Pillen, Tabletten oder Tropfen auch dann eine heilende Wirkung nach sich ziehen können, wenn sie keine heilenden Inhaltsstoffe enthalten, ist allgemein bekannt und wird als „Placebo-Effekt“ bezeichnet. Was sich im Kopf abspielt, hat einen Einfluss auf den Körper – und hier sei nicht nur von der sogenannten „Kraft der Einbildung“ die Rede. Wie wir über ein bestimmtes Verhalten denken, hat oftmals einen Einfluss auf die Wirkung dieses Verhaltens. Auch wenn es ums Putzen geht.

Alia Crum und Ellen Langer von der Harvard University fragten sich, ob der bloße Glaube daran, man selbst würde sich sportlich betätigen – unabhängig von der tatsächlichen sportlichen Aktivität – einen positiven Einfluss auf die eigene Gesundheit haben kann. Um diese Frage zu beantworten, wählten sie sieben Hotels aus, deren Reinigungs­kräfte sie für eine Untersuchung rekrutierten. In vier dieser Hotels wurde den Frauen ausführlich erklärt, dass sie aufgrund ihrer Arbeit die Kriterien für einen „aktiven Lebens­stil“ erfüllten. Wie viele Kalorien beispielsweise beim Badputzen verbraucht werden, wurde ihnen nicht nur in einem Vortrag erläutert, zusätzlich erhielten alle Reinigungs­kräfte einen schriftlichen Bericht über die positiven Effekte des Putzens, der auch im Aufenthaltsraum aufgehängt wurde. In den drei übrigen Hotels fand eine derartige Aufklärungs­kampagne nicht statt.

Der Effekt der Aktion war erstaunlich: In den Hotels, in denen sich die Reinigungs­kräfte des Nutzens ihrer Tätigkeit für die körperliche Fitness bewusst waren, nahmen die Frauen – im Gegensatz zu denen in den übrigen drei Hotels – während der vier Wochen nach der Aufklärungs­kampagne durchschnittlich zwei Pfund ab, ihr Körperfettanteil sank ebenso deutlich wie ihr Blutdruck. Dies geschah, obwohl ihre Arbeits­zeiten gleich blieben und sie in ihrer Freizeit nicht mehr Sport trieben als vor der Untersuchung. Auch im Hinblick auf ihre Ernährung und Zigaretten- sowie Alkoholkonsum hatten die Frauen ihr früheres Verhalten beibehalten.

Neben den Gesundheitsmerkmalen scheint sich nur eines verändert zu haben: Während beim Start der Untersuchung nur 39 Prozent der zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgeklärten Frauen angaben, regelmäßig Sport zu treiben, taten dies nach vier Wochen 79 Prozent – wohlgemerkt, ohne dass sich an ihrem tatsächlichen Freizeit­verhalten irgend etwas geändert hatte. Weil man ihnen erklärt hatte, dass ihre Arbeit Sport ist, betrachteten sie sich selbst nun als sportlich. Zwar ist nicht auszuschließen, dass diese Frauen motivierter und engagierter bei der Arbeit waren als früher, doch Crum und Langer vermuten, dass die Reinigungs­kräfte ihre bessere Gesundheit in erster Linie einem psychologischen Effekt  zu verdanken haben. Sollten sie mit ihrer Vermutung Recht haben, wäre ihre Studie ein weiterer Beleg dafür, wie wir mit unseren Gedanken und unserem Wissen die eigene Gesundheit beeinflussen können – ohne zwangs­läufig unser Verhalten zu ändern. Vielleicht aber wird der ein oder andere jetzt trotzdem ein bisschen häufiger putzen.

Alia J. Crum & Ellen J. Langer (2007). Mind-Set Matters – Exercise and the Placebo Effect. Psychological Science, 18 (2), 165–171.

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