Raus aus der Komfortzone

-Adrian Heinze-

Bewusst nach Unbehagen zu streben kann persönliches Wachstum motivieren und zu mehr Engagement bei herausfordernden und unangenehmen Aufgaben führen, vermutlich weil Unbehagen als Zeichen des Zielfortschritts gedeutet werden kann.

Wir wollen uns beruflich weiterentwickeln, über schwierige Themen informiert sein oder selbstbewusster werden. Wir alle wollen uns verbessern. Um persönlich zu wachsen, müssen wir uns jedoch oft herausfordernden und unangenehmen Aufgaben stellen. Können wir diese Unannehmlichkeiten auf dem Weg nutzen, um unsere Motivation zu steigern? Der Schlüssel hierzu könnte sein, Unbehagen nicht nur hinzunehmen, sondern aktiv aufzusuchen.

Kaitlin Woolley und Ayelet Fishbach widmeten sich in fünf Studien der Frage, ob das Streben nach Unbehagen bei herausfordernden oder unbequemen Aufgaben zu stärkerem Engagement motivieren kann. Eine dieser Studien untersuchte das Verhalten von Teilnehmenden in Improvisations­kursen. In der Improvisations­übung bewegte sich jeweils eine Person frei durch den Raum, während alle anderen Teilnehmenden stillstanden. Die aktive Person konnte sich so lange bewegen, wie sie wollte und ihre Bewegungen frei wählen. Danach gab die aktive Person ihre Rolle an eine andere Person weiter und stand selbst still. Die Teilnehmenden wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe wurde informiert, dass das Ziel der Übung sei, sich komisch und unbehaglich zu fühlen. Sich unbehaglich zu fühlen sei ein Zeichen dafür, dass die Übung funktioniere. Die andere Gruppe wurde entweder darauf hingewiesen, dass sie während der Übung darauf achten solle, ob die Übung funktioniere, oder dass das Ziel der Übung sei, das Entwickeln neuer Fähigkeiten zu spüren. Anhand von Videoaufnahmen maßen die Forschenden die Zeit, die die Teilnehmenden in der aktiven Rolle blieben und wie ungewöhnlich ihre Bewegungen währenddessen waren. Einige der Teilnehmenden gaben zudem an, wie sehr sie ihr persönliches Ziel während der Übung erreicht hatten.

Die Forschenden konnten zeigen, dass die Teilnehmenden mit der Aufgabe, sich unbehaglich zu fühlen, länger in der aktiven Rolle blieben, ungewöhnlichere Bewegungen zeigten und eher angaben, ihr persönliches Ziel erreicht zu haben, als die anderen Teilnehmenden.

Unbehagen während einer herausfordernden Aufgabe bewusst aufzusuchen, kann also Motivation und Engagement steigern, vermutlich weil das unbehagliche Gefühl als positive Rückmeldung der Zielerreichung gedeutet werden kann. Dies führt vor Augen, wie wir unangenehme Empfindungen auf dem Weg zu persönlichem Wachstum nicht nur überwinden, sondern zu unserem Vorteil nutzen können. Wenn wir Unbehagen bei der Bewältigung herausfordernder Aufgaben bewusst aufsuchen, können wir unsere Motivation stärken und so das Erreichen unserer Ziele vorantreiben. Also dann, raus aus der Komfortzone und rein ins Unbehagen!

Woolley, K., & Fishbach, A. (2022). Motivating personal growth by seeking discomfort. Psychological Science, 33 (4), 510–523. https://doi.org/10.1177/09567976211044685

Redaktion und Ansprech­partner*in¹: Lea Nahon¹, Lucia Boileau;

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