Romantik? Von wegen!

- Selma Rudert –

Männer und Frauen gehen bei der Partnerwahl strategisch vor und wollen ihren persönlichen Nutzen optimieren.

Endlich – es hat gefunkt und zwar gewaltig! Mit diesem Mann, der mir gerade gegenübersitzt und mich lieb anlächelt, könnte es klappen, das große Glück. Er sieht toll aus, hat einen gutbezahlten Job, ist witzig und mag dieselbe Musik wie ich. Doch empfindet er auch dasselbe für mich? Was bedingt überhaupt die Anziehung zwischen Mann und Frau? Wovon hängt die Wahl unseres Partners oder unserer Partnerin ab?

Meistens gehen wir davon aus, dass wir einen anderen Menschen besonders mögen, wenn er/sie unsere Interessen, Wünsche und Werte teilt – dabei irren wir aber oft gewaltig. In einer aktuellen Studie zeigten Peter Todd und seine Kollegen, dass wir unsere PartnerInnen häufig anhand von ganz anderen Kriterien auswählen als wir denken und dass Männer und Frauen dabei sehr unterschiedlich vorgehen. Die Teilnehmenden der Studie hatten sich für ein Speed-Dating angemeldet. Sie füllten zunächst einen Fragebogen aus, in dem sie sich selbst  bezüglich Eigenschaften wie physische Attraktivität, finanz­ieller und sozialer Status, Gesundheit, Kinderwunsch und Elternqualität bewerteten. Außerdem gaben sie an, wie wichtig ihnen dieselben Eigenschaften bei einem/r potentiellen PartnerIn wären. Anschließend nahmen sie an einem Speed-Dating teil, bei dem sie sich je fünf Minuten mit einer Person des anderen Geschlechts unterhielten und danach angaben, wie gern sie diese Person wiedersehen würden. Die Attraktivität der Teilnehmenden wurde zusätzlich objektiv durch zwei Versuchsleiter eingeschätzt.

Die Ergebnisse überraschten: Weder bei Frauen noch bei Männern entsprachen die zuvor im Fragebogen angegebenen Präferenzen der tatsächlichen Wahl. Vielmehr urteilten Männer ausschließlich nach der objektiven Attraktivität der Frau, unabhängig von ihrer eigenen Attraktivität als Partner. Frauen hingegen kombinierten die verschiedenen Eigenschaften der Männer zu einem Gesamtwert, den sie mit ihrer eigenen selbsteingeschätzten Attraktivität verglichen und wählten einen Partner, dessen Gesamtwert dieser entsprach. Mit anderen Worten: Frauen wählten Männer, die ihnen gleichwertig waren und bei denen sie sich eine realistische Chance versprachen, während Männer jede halbwegs attraktive Frau in die engere Auswahl zogen. Zudem zeigten sich Frauen wesentlich wählerischer und nannten im Schnitt nur halb so viele potentielle Partner wie Männer.

Diese unterschiedlichen Strategien der Partnerwahl lassen sich mit evolutions­psychologischen Theorien erklären. Diese postulieren, dass Männer bezüglich ihrer Fortpflanzung optimalerweise eine möglichst große Anzahl von Sexual­partnerinnen anstreben sollten, um  so die Weitergabe ihrer eigenen Gene zu optimieren. Frauen hingegen, die schon aus biologischen Gründen wesentlich weniger Kinder bekommen können, müssen eher auf Qualität als auf Quantität ihres Nachwuchses setzen. So benötigen sie zusätzlich die Sicherheit, dass es sich bei dem von ihnen gewählten Partner um einen guten Vater handelt, der auch fähig und bereit ist genügend Ressourcen und Zeit in seine Kinder zu investieren. Infolgedessen gehen Frauen wesentlich selektiver bei der Wahl eines Partners vor und wählen auch realistischer – denn ein zu perfekter Partner bringt die Gefahr mit sich, irgendwann mit einer noch attraktiveren Frau zu verschwinden.

Todd, P.M., Penke, L., Fasolo, B., and Lenton, A.P. (2007). Different cognitive processes underlie human mate choices and mate preferences. Proceedings of the National Academy of Sciences, 104(38), 15011-15016.

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