Sarkasmus – die höchste Form der Intelligenz?

- Sabrina Pfleiderer –

Obwohl Sarkasmus in einem Gespräch häufig negativ wahrgenommen wird, kann die Verwendung von Sarkasmus auch die Kreativität der Beteiligten verbessern.

Wenn Sie bei der Arbeit eine Pause machen und Ihr Chef zu Ihnen sagt: „Überarbeiten Sie sich bloß nicht“, können Sie davon ausgehen, dass er nicht wirklich um Ihr Wohlbefinden besorgt ist, sondern das Gegenteil meint; er ist sarkastisch. Oft werden sarkastische Äußerungen dazu genutzt, dem Gegenüber etwas mitzuteilen, ohne es direkt auszusprechen.

Aufgrund der Abweichung zwischen dem Gesagtem und dem Gemeinten, bringt Sarkasmus großes Konfliktpotential mit sich. In der Forschung beschäftigte man sich bisher überwiegend mit der meist negativen Wirkung von Sarkasmus in der Verständigung. In jüngerer Forschung ist nun auch der positive psychologische Nutzen von Sarkasmus von Interesse. Oscar Wilde sagte bereits: „Sarkasmus ist die niedrigste Form von Humor, aber die höchste Form von Intelligenz“.  Ein Forschungs­team um Li Huang nahm nun förderliche Effekte von Sarkasmus auf Kreativität an.

Aber wieso sollte Sarkasmus ausgerechnet auf Kreativität einen Einfluss haben?
Damit eine Nachricht sarkastisch wird, muss die eigentliche Botschaft verschlüsselt werden. Der oder die EmpfängerIn wiederum muss aus der sarkastischen Bemerkung des Gesprächsgegenübers den wahren Sinn erkennen. Beide müssen also vom Gemeinten beziehungs­weise Gesagten abstrahieren. Solch eine Abstraktions­fähigkeit ist allgemein auch die Grundlage dafür, neue Lösungen zu finden und kreativ zu sein. Das Forschungs­team vermutete folglich, dass durch Sarkasmus abstraktes Denken angestoßen wird, wodurch die Kreativität beider Gesprächsgegenüber gefördert wird.

Mehrere Experimente sollten diese Überlegungen prüfen. So mussten einige Teilnehmende in einer simulierten Unterhaltung auf einen Kommentar reagieren – entweder sarkastisch oder aufrichtig beziehungs­weise spontan mit der ersten Antwort, die ihnen einfiel. Um beide Seiten im Gespräch zu imitieren, sollten weitere Teilnehmende sich vorstellen, ihr Gegenüber hätte diesen Kommentar sarkastisch beziehungs­weise aufrichtig geäußert. Anschließend bearbeiteten alle eine Kreativitätsaufgabe, in der sie ein Wort finden mussten, das zu einer vorgegebenen Gruppe anderer Wörter gehörte. Weiterhin gaben sie an, wie sehr sie die Unterhaltung als Konflikt empfunden hatten.

Wie zu erwarten, wurde die simulierte Unterhaltung deutlich öfter als Konflikt empfunden, wenn Sarkasmus im Spiel war. Darüber hinaus bestätigte sich auch die positive Annahme der Forschenden: Teilnehmende schnitten in beiden Gesprächsrollen deutlich besser bei der Kreativitätsaufgabe ab, wenn sie zu Sarkasmus anstatt einer aufrichtigen Haltung oder einer spontanen Reaktion angehalten worden waren.

In weiteren Experimenten fand sich ebenfalls Bestätigung dafür, dass Sarkasmus Kreativität erhöht, indem er abstraktes Denken fördert. Zudem konnte das Forschungs­team zeigen, dass ein wahrgenommener Konflikt in einer sarkastischen Unterhaltung deutlich reduziert wurde, wenn das vorgestellte Gesprächsgegenüber eine Person war, der die Teilnehmenden sehr vertrauten.

Die Verwendung von Sarkasmus in einer Unterhaltung scheint also auch positive Seiten zu haben. Da hierbei die Vertrauensbasis und das Konfliktpotenzial aber nicht außer Acht gelassen werden sollten, kann (die richtige Anwendung von) Sarkasmus möglicherweise tatsächlich als höchste Form von Intelligenz verstanden werden, so wie bereits Oscar Wilde zu seiner Zeit davon überzeugt war.

Huang, L., Gino, F., & Galinsky, A. D. (2015). The highest form of intelligence: Sarcasm increases creativity for both expressers and recipients. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 131, 162–177. doi: 10.1016/j.obhdp.2015.07.001

Redaktion und Ansprech­partnerIn*: Janin Rössel*, Katrin Bayer

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