„Sauer macht lustig!“ – Und bitter aggressiv?

- Julian Quevedo Pütter –

Der Konsum bitterer Substanzen kann zu erhöhter Feindseligkeit und Aggressivität führen.

An einem kalten Wintertag beschließen Pia und Paul, sich einen gemütlichen Abend auf der Couch zu machen. Mit einer großen Tafel Schokolade (Edelbitter!) mummeln sie sich in eine Decke ein und schauen eine romantische Komödie. Klingt nach totaler Entspannung, nicht wahr? Tatsächlich könnte diese erfundene Abendgestaltung aber zur Folge haben, dass Pia und Paul sich noch ziemlich in die Haare kriegen – und das nur wegen der bitteren Schokolade!

Dieser überraschende Effekt bitterer Substanzen wird nahegelegt, wenn man den Befunden von Christina Sagioglou und Tobias Greitemeyer folgt. Die Forschenden gingen der Frage nach, ob der Konsum bitterer Substanzen Feindseligkeit und aggressives Verhalten fördert. Eine Erklärung dafür bietet die Evolutions­psychologie: Für unsere Urahnen war der Geschmackssinn ein wichtiger Indikator für vergiftetes oder ungenießbares Essen. Bitterkeit scheint demnach mit einer Bedrohung für das eigene Leben assoziiert zu sein und Ablehnungs­reaktionen nach sich zu ziehen, die zu einer gesteigerten Feindseligkeit gegenüber der Umwelt führen könnten.

In ersten Studien konnte das Forschungs­team in der Tat zeigen, dass der Konsum eines bitteren Getränks wie Grapefruitsaft die Teilnehmenden sprichwörtlich verbittern ließ – sie berichteten mehr Feindseligkeit und eine höhere Aggressionsbereitschaft als Teilnehmende, die ein süßes oder neutrales Getränk zu sich genommen hatten. 

Würde sich dieser Effekt bitteren Geschmacks auch in tatsächlichem Verhalten, das anderen schaden könnte, niederschlagen? Hier sollte ein weiteres Experiment Licht ins Dunkel bringen. Die Teilnehmenden einer Studie zum Thema „Motorik, Geschmack und Kreativität“ wurden zunächst aufgefordert, ein kleines Glas Flüssigkeit (entweder extrem bitterer Tee oder Wasser) mit einer spezifischen Armbewegung zu trinken. Anschließend bearbeiteten alle einen Kreativitätstest. Nach Ablauf der Zeit sammelte die Versuchsleitung den Testbogen ein und ließ entweder eine provozierende Bemerkung fallen („Oh, das sind aber nicht viele Ideen!“) oder kommentierte das Ergebnis nicht. In einem angeblichen Bewertungs­bogen der Universität sollten die Teilnehmenden abschließend die Versuchsleitung bezüglich Kriterien wie Kompetenz und Freundlichkeit beurteilen. Dabei wurde hervorgehoben, dass die Angaben relevant für zukünftige Entscheidungen über das Forschungs­projekt und die Versuchsleitenden seien. Würden jene Personen, die den bitteren Tee zu sich genommen hatten, die Versuchsleitung angesichts dieser möglichen Konsequenzen tatsächlich schlechter bewerten?

Das erstaunliche Ergebnis lautet: Ja! Im Gegensatz zu Teilnehmenden, die nur Wasser getrunken hatten, gaben sie eine schlechtere Bewertung ab – und das unabhängig vom Verhalten der Versuchsleitung! Mit anderen Worten: Egal ob provoziert oder nicht – diejenigen Personen, die eine geringe Menge bitteren Tee getrunken hatten, verhielten sich im Schnitt aggressiver als jene, die lediglich Wasser konsumiert hatten. 

Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass beliebte (aber bittere) Getränke wie Kaffee und Tee einen „bitteren Nachgeschmack“ haben könnten. Fraglich ist allerdings, ob diese Folgen auch für Nahrungs­mittel gelten, die wir regelmäßig zu uns nehmen oder ob uns hier die Gewöhnung vor feindseligen Reaktionen bewahrt. Für Paul  und Pia wäre das ein Hoffnungs­schimmer, damit sie nicht zu „erbitterten Feinden“ werden und stattdessen doch noch einen gemütlichen Fernsehabend verbringen können. 

Sagioglou, C., & Greitemeyer T. (2014). Bitter taste causes hostility. Personality and Social Pychology Bulletin, 40, 1589–1597.

Redaktion und Ansprech­partnerIn*: Janin Rössel*, Sebastian Butz

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