Stimmungs­killer und Motivator zugleich: Die Rolle politischer Nachrichten im Alltag

-Maximilian Theisen-

Wie man sich vor schlechter Stimmung durch politische Nachrichten schützen kann und was es dabei zu beachten gilt.

 

Krieg in der Ukraine, Rechts­populismus, Klimakatastrophe – Nachrichten über politische Ereignisse sind fester Bestandteil des Alltags vieler Menschen. Solche Nachrichten können belasten und das Wohlbefinden beeinträchtigen. Gleichzeitig können sie uns jedoch auch motivieren, selbst politisch aktiv zu sein, um die gesellschaft­lichen Umstände zu verbessern. Gibt es eine Lösung für diesen Zwiespalt?

Ein kanadisch-amerikanisches Forschungs­team hat sich dieser Frage gewidmet. Das Team wollte herausfinden, ob politische Nachrichten das Wohlbefinden der Konsument*innen beeinträchtigen. Zudem untersuchten sie, welche Strategien genutzt werden, um sich vor dem negativen Einfluss solcher Nachrichten zu schützen und ob sich diese Strategien auf die Motivation auswirken, selbst politisch aktiv zu werden.

Das Forschungs­team führte zwei Tagebuch­studien durch, an denen über 1000 Menschen unterschiedlichsten Alters und sozialen Hintergrunds mit Wohnsitz in den USA teilnahmen. Die Personen hielten über mehrere Wochen hinweg jeden Abend fest, welches politische Ereignis sie an diesem Tag am meisten beschäftigt hatte, welche Gefühle das Ereignis bei ihnen ausgelöst hatte und wie sie mit diesen Gefühlen umgegangen waren. Außerdem wurde täglich das körperliche und mentale Wohlbefinden sowie die Motivation abgefragt, politisch aktiv zu werden.

Es zeigte sich, dass politische Nachrichten meist negative Gefühle hervorriefen und mit einem schlechteren Wohlbefinden einhergingen. Dementsprechend versuchten viele Teilnehmende einen Umgang mit diesen negativen Gefühlen zu finden, etwa indem sie sich ablenkten oder versuchten, das negative Gefühl zu unterdrücken. Am erfolgreichsten war die Strategie, die Nachricht positiv umzudeuten – beispielsweise indem man dankbar dafür war, aktuell nicht selbst von dem jeweiligen Ereignis betroffen zu sein. Diese Strategie konnte für viele Teilnehmende die negativen Effekte des Nachrichtenkonsums abfedern. Die negativen Gefühle erfüllten jedoch auch eine wichtige Funktion: Sie erhöhten die Motivation, selbst politisch aktiv zu sein. Wurden politische Nachrichten hingegen positiv umgedeutet, reduzierte das zwar die negativen Gefühle, es sank jedoch auch die Motivation zu politischem Engagement.

Wie geht man mit diesem Zwiespalt nun am besten um? Manche Teilnehmende fanden einen spannenden Ausweg: Anstatt die politischen Ereignisse positiv umzudeuten, akzeptierten sie die negativen Gefühle. Konkret kann eine solche Akzeptanz­strategie beinhalten, die Gefühle nicht verändern zu wollen, sondern als normale Reaktion auf eine schwierige Situation zu sehen. Diese Strategie hatte den Vorteil, dass das Wohlbefinden leicht verbessert werden konnte und gleichzeitig die Motivation erhalten blieb, politisch aktiv zu werden. In zwei zusätzlichen Experimenten fanden die Forschenden Hinweise, dass die beschriebenen Veränderungen in Wohlbefinden und Motivation ursächlich auf die verschiedenen Strategien zurückzuführen waren.

Der Konsum politischer Nachrichten kann also in der Tat unsere Stimmung und unser Wohlbefinden beeinträchtigen. Solche Nachrichten positiv umzudeuten oder zu verdrängen kann zwar helfen, geht jedoch auf Kosten der Motivation, politisch aktiv zu werden. Wer beim Nachrichtenkonsum politisch motiviert bleiben möchte, ohne an der Weltlage zu verzweifeln, könnte versuchen mit Akzeptanz­strategien auf die ausgelösten Gefühle zu reagieren.

Ford, B. Q., Feinberg, M., Lassetter, B., Thai, S., & Gatchpazian, A. (2023). The political is personal: The costs of daily politics. Journal of Personality and Social Psychology. Advance online publication. https://doi.org/10.1037/pspa0000335

Redaktion und Ansprech­partner*in¹: Michael Barthelmäs¹, Lucia Boileau

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