The winner takes it all? Alles Glückssache!

- Fabienne Unkelbach –

Glücklichere Personen messen olympischen Silber- und Bronzemedaillen mehr Wert bei als weniger glückliche Personen.

„Dabei sein ist alles“ – der sprichwörtliche olympische Gedanke mag zwar für viele im Sport maßgebend sein, für andere jedoch ist der Rang auf dem Medaillenspiegel entscheidend. Wer kann sich nicht an die vielen enttäuschten Gesichter erinnern, als Deutschland es bei der letzten Fußball-EM nur bis ins Halbfinale schaffte? Bei Olympia reichten die Reaktionen von Freude über Silber und Bronze bis zu Enttäuschung über verpasstes Gold.

Interessanter Weise wenden verschiedene Nationen unterschiedliche Methoden zur Erstellung des Medaillenspiegels an. In Deutschland werden beispielsweise alle an den Olympischen Spielen teilnehmenden Nationen allein nach der Anzahl ihrer Goldmedaillen aufgelistet. Es ist aber auch denkbar, Gold-, Silber- und Bronzemedaillen gleichermaßen zu gewichten und nur die Gesamtzahl an Medaillen zu berücksichtigen, die jede Nation gesammelt hat. Während erstere Methode ein besonderes Gewicht auf Siege legt, zählen bei letzterer Zweit- und Drittplatz­ierungen ebenso viel.

Eine Parallele dazu zeigt sich in der Glücksforschung. Während sich glückliche Personen an kleinen, alltäglichen Dingen erfreuen können, finden unglückliche Personen hierin weniger Freude. Bislang wurde jedoch noch nicht untersucht, ob sich diese Befunde auch auf die Wertschätzung gesellschaft­licher Ereignisse übertragen lassen. Freuen sich glücklichere Menschen demnach mehr über Silber- und Bronzemedaillen?

Genau das war die Annahme, die Jongan Choi und Incheol Choi untersuchten. In einer ersten Studie wurden koreanischen Studierenden kurze Beschreibungen der beiden Methoden für den Medaillenspiegel (nur Goldmedaillen zählen versus alle Medaillen zählen gleichermaßen) vorgelegt. Die Teilnehmenden gaben daraufhin an, inwiefern sie eine der beiden Methoden im Rahmen der Olympischen Spiele für besser hielten. Wochen vorher war in einer Befragung zudem ihr persönliches Glücksempfinden erfasst worden.

Es zeigte sich, dass die Teilnehmenden im Durchschnitt keine der beiden Methoden bevorzugten. Wie von den Forschenden vermutet, ergab sich jedoch ein Zusammenhang zwischen subjektivem Glück und einer stärkeren Präferenz für die Aufstellung des Medaillenspiegels anhand aller Medaillen. Dies deutet darauf hin, dass glücklichere Personen Silber- und Bronzemedaillen mehr wertschätzen als weniger glückliche. Diese Befunde wurden durch weitere Studien in den USA und Korea unterstützt. Dabei konnte der Zusammenhang zwischen Glücklichsein und der Wertung von Bronze- und Silber- (im Vergleich zu Gold-) Medaillen auf die Wertschätzung von kleinen Dingen zurückgeführt werden.

Die Ergebnisse fügen sich also gut in bisherige Er­kenntnisse der Glücksforschung ein. Zu berücksichtigen ist, dass es sich dabei nur um die Feststellung eines Zusammenhangs handelt – die Wertschätzung von kleinen Erfolgen kann glücklicher machen; und wenn man glücklich ist, findet man vielleicht auch eher Glück in den kleinen Dingen und Erfolgen. Auch Faktoren wie Leistungs­druck könnten beides beeinflussen. Für das neue Jahr lässt sich vielleicht trotzdem der Schluss ziehen, dass wir uns an dem Erreichten – im Kleinen wie im Großen – öfter erfreuen sollten.

Choi, J., & Choi, I. (2017). Happiness is medal-color blind: Happy people value silver and bronze medals more than unhappy people. Journal of Experimental Social Psychology, 68, 78–82. doi: 10.1016/j.jesp.2016.06.002

Redaktion und Ansprech­partnerIn*: Janin Rössel*, Judith Tonner

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