Übergewicht dank Kinderbesteck?

- Jan Niederreiter –

Restaurantgäste konsumieren insgesamt mehr, wenn sie pro Biss eine kleinere Essensmenge zu sich nehmen.

Schon längst ist das Thema Essen in unserer Gesellschaft nicht auf bloße Ernährung beschränkt. Es wird vielmehr mit Worten wie „Jo-Jo Effekt“, „Übergewicht“ oder auch „Schlankheitswahn“ durchzogen. Es gibt es unzählige Diäten, die alle versprechen, dass man seiner Traumfigur ein kleines bisschen näher kommt. Aktuellen Forschungs­ergebnissen zufolge kommt es beim Essen jedoch nicht nur auf das „Was“ und „Wie viel“ an, sondern auch darauf, wie wir unsere Mahlzeit zu uns nehmen.

So haben Studien gezeigt, dass die Portions­größe einen Einfluss auf die konsumierte Essensmenge hat. Hier gilt: Je mehr Essen auf dem Teller liegt, desto mehr wird auch gegessen. Da das Sättigungs­gefühl erst zeitversetzt eintritt, verwendet man sichtbare Reize wie die Portion als Indikator für die adäquate Essensmenge bei einer Mahlzeit.

Sind kleinere Portionen deshalb immer der richtige Weg, um möglichst schlank zu bleiben? Laut der aktuellen Studie eines Forschungs­team um Arul Mishra nicht. Mishra und KollegInnen manipulierten in einem italienischen Restaurant die Größe der Gabeln, mit denen die Restaurantgäste ihr Essen zu sich nahmen: Die Hälfte der Gäste erhielt etwas kleinere Gabeln als gewöhnlich, die andere Hälfte geringfügig größere. Zusätzlich wogen die ForscherInnen die einzelnen Teller vor der Mahlzeit sowie eventuelle Reste, nachdem die Restaurantgäste fertig gegessen hatten. Erstaunlicherweise aßen die Gäste insgesamt deutlich mehr, wenn sie die kleinen Gabeln erhalten hatten, also kleinere Portionen pro Biss konsumierten.

Diesen Befund erklären sich die ForscherInnen dadurch, dass Gäste eines Restaurants ein klares Ziel vor Augen haben, nämlich ihren Hunger zu stillen. Je kleiner die Gabel und damit die pro Biss konsumierte Menge, desto langsamer kommen sie jedoch scheinbar ihrem Ziel nahe, satt zu werden. Dadurch konsumieren sie im Durchschnitt mehr. „Fatal“ für die schlanke Linie könnte es laut den Forschungs­ergebnissen von Mishra und KollegInnen dabei insbesondere dann werden, wenn mit einer kleinen Gabel von einer insgesamt sehr großen Essensportion gegessen wird. Denn je weniger man das Gefühl hat, sein Sättigungs­ziel zu erreichen, weil der Teller einfach nicht leerer werden will, desto mehr Essen nimmt man im Endeffekt zu sich.

Dieses Prinzip gilt allerdings nur, wenn die Essenden tatsächlich das klar definierte Ziel haben, ihren Hunger zu stillen. So konsumierten die Teilnehmenden einer weiteren Studie, in der die ForscherInnen exakt die Restaurantsituation in einem Experimentallabor nachstellten, mit kleineren Gabeln weniger. Denn primäres Ziel der Teilnahme bei einem Laborexperiment ist es eben nicht – wie bei einem Restaurantbesuch – satt zu werden.

Da wir beim Essen nicht unmittelbar merken, ob wir schon satt sind, verwenden wir also sichtbare Hinweise wie die Portions­größe oder die Essensmenge pro Biss, um zu entscheiden, wie viel wir essen sollten. Für wen die Zeit in der Mittagspause also wieder einmal zu knapp ist, um langsam zu essen und auf sein Sättigungs­gefühl zu hören, für den scheinen kleinere Tellerportionen und größere Gabeln der beste Tipp gegen überflüssige Kalorien zu sein.

Mishra, A. Mishra, H. & Masters, T. M. (in press). The Influence of Bite Size on Quantity of Food Consumed: A Field Study. Journal of Consumer Research. 

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