Untreue vermeiden – nur wie?

- Vincent Gaertner –

Untreue hängt mit der Fähigkeit zusammen, irrelevante Informationen zu unterdrücken

Es ist Bill Clinton mit Monica Lewinsky, Megan Fox mit Shia LaBeouf und vielleicht auch in Ihrem Bekanntenkreis schon jemandem „passiert“: dass eine Person fremdgegangen ist. Doch was führt zu Fremdgehen? Es ist nicht nur die geringe Zufriedenheit mit der Beziehung, denn auch in glücklichen Beziehungen kann Untreue vorkommen. Ganz allgemein scheinen Menschen in unterschiedlichem Maße fähig zu sein, ihrem Partner treu zu bleiben. Aber wie lassen sich diese Unterschiede erklären und wie können sich anfälligere Personen den Reizen anderer erwehren?

Eine niederländische Forschungs­gruppe um Tila Pronk hatte die Vermutung, dass die Tendenz zur Untreue mit der sogenannten exekutiven Aufmerksamkeits­kontrolle zusammenhängt. Hinter diesem Ausdruck verbirgt sich die Fähigkeit, unwichtige oder ablenkende Informationen zu unterdrücken. Das Forscherteam ging von der Idee aus, dass attraktive Gegenüber automatisch positive Reaktionen und Annäherungs­tendenzen hervorrufen – selbst wenn Personen eine glückliche Beziehung führen. Um sich nicht in Versuchung führen zu lassen, muss diese automatische Reaktion gehemmt werden.

In einer Studie untersuchte die Forschungs­gruppe, ob individuelle Unterschiede in der exekutiven Aufmerksamkeits­kontrolle mit Unterschieden im Verhalten gegenüber einer attraktiven Person zusammenhängen. Die männlichen Teilnehmer, die alle in einer glücklichen Beziehung waren, sollten hierfür zunächst eine Aufgabe bearbeiten, mit der die Fähigkeit zur Aufmerksamkeits­kontrolle erfasst wurde. Auf den nächsten Teil der Studie warteten sie jeweils in einem Raum, in dem sich vorgeblich eine andere Teilnehmerin befand, die tatsächlich eine attraktive Verbündete der Versuchsleitung war. Diese Situation wurde auf Video aufgezeichnet und von unabhängigen Beobachtern auf Flirtversuche seitens des Teilnehmers beurteilt. Zudem beurteilten die Teilnehmer am Ende die Attraktivität der Verbündeten.

Anhand dieser gewonnenen Daten konnte die Forschungs­gruppe zeigen, dass sich Personen mit hoher Fähigkeit, ihre Aufmerksamkeit auf relevante Aspekte zu fokussieren, tatsächlich weniger stark von ihrem attraktiven Gegenüber angezogen fühlten als Personen mit geringer Fähigkeit zur Aufmerksamkeits­kontrolle. Weitere Studien, auch mit Teilnehmerinnen, konnten keine Geschlechts­unterschiede feststellen.

Was kann man aus diesen Ergebnissen für Schlüsse ziehen? Es scheint, dass diejenigen Personen, die sich nicht ablenken lassen und sich aufs Wesentliche konzentrieren, auch in Beziehungen im Vorteil sind. Allerdings beeinflussen auch Randbedingungen wie die Arbeits­belastung oder Alkohol die Aufmerksamkeits­kontrolle und damit unsere Anfälligkeit für die Attraktivität unseres Gegenübers.

Konkreter? Wenn Sie einen stressigen Tag hatten und müde sind, gehen Sie lieber nicht allein in die nächste Bar, in der sich etliche Möglichkeiten zum Flirten auftun.

Pronk, T. M., Karremans, J. C., & Wigboldus, D. H. J. (2011). How can you resist? Executive control helps romantically involved individuals to stay faithful. Journal of Personality and Social Psychology, 100, 827–837.

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