Vielfalt für dich – Einfalt für mich

- Rebekka Blümle & Pascale Gander –

Bei der Zusammenstellung von Teams wählen Menschen für sich selbst eher ähnliche Personen zur Zusammenarbeit, für andere hingegen unähnlichere Personen.

Als Aushängeschild von Unternehmen sieht man zunehmend Bilder von vielfältigen Teams mit hohem interkulturellen Anteil, die signalisieren sollen, dass man Vielfalt lebt und diese auch in den eigenen Riegen umsetzt. Arbeits­gruppen werden interdisziplinär dargestellt; Menschen unterschiedlicher Nationalitäten, Geschlechtsidentitäten, mit und ohne sichtbare Behinderung: Sie alle strahlen auf Fotos und erzählen die Geschichte von gelebter Diversität.

Die Realität sieht jedoch oft anders aus. Absagen bei ausländisch klingendem Nachnamen, keine Aufnahme in die spannende Arbeits­gruppe in der Firma oder einsame Lunchdates am Schreibtisch und fehlender Austausch zwischen verschiedenen Fach­bereichen statt dynamischer Teamarbeit. Woher stammt diese Diskrepanz zwischen dem Anspruch, den moderne Unternehmen an sich haben und der Realität, in der Vielfalt eher gemieden wird?

Ein Forschungs­team um Mariela Jaffé ging ganz grundlegend davon aus, dass Diversität unterschiedliche Gedanken auslösen kann. So kann Diversität im Hinblick auf die Unternehmens­werte als sehr wichtig und wünschenswert angesehen werden. Auf der anderen Seite kann Diversität aber auch schwer umsetzbar im Hinblick auf den Arbeits­alltag wirken: Gibt es Probleme bei der Kommunikation oder könnten unterschiedliche Werte in Konflikt geraten?

Die Idee der Forschenden war nun, dass die Gewichtung solcher Erwünschtheit- und Machbarkeits­überlegungen bei der Zusammenstellung von Arbeits­gruppen davon abhängt, ob man für sich selbst oder andere entscheidet. Wird für andere eher auf die Erwünschtheit von Diversität geachtet, sollte dies förderlich für eine vielfältige Teamzusammensetzung sein. Steht bei einem selbst hingegen die Machbarkeit im Vordergrund, dürften Menschen eher ähnliche Personen für die Zusammenarbeit wählen.

Diese Annahmen untersuchte das Forschungs­team in mehreren Experimenten. In einer Studie wurden Studierende aus der Schweiz gebeten, eine andere Person für Hilfestellungen bei einem Quiz auszuwählen. Die Teilnehmenden erhielten ein kurzes Informations­blatt von zwei Personen, das persönliche Angaben, unter anderem zu Herkunft und Studien­fach, enthielt. Dabei war eine Person den Teilnehmenden in diesen Punkten ähnlich und die andere Person unterschied sich von ihnen. Entscheidend war zudem, dass einige Teilnehmende die Wahl für sich selbst trafen, während andere dies für eine fremde Person (ebenfalls aus der Schweiz und mit demselben Studien­gang wie die Teilnehmenden) taten.

Wie erwartet wählten die Teilnehmenden für andere eher die unähnliche Person und für sich selbst die Person, die ihnen ähnlicher war. Das gleiche Muster zeigte sich auch in einer weiteren Studie, in der die Teilnehmenden ein größeres Projektteam zusammenstellen sollten. Waren sie selbst Teil des Teams, wählten sie insgesamt ähnlichere Mitglieder als wenn sie das Team ohne eigene Beteiligung zusammenstellten. Wurde für andere entschieden, zeigte sich also Diversität durch die Wahl vielfältigerer Mitglieder mit unterschiedlichen Herkunfts- und Studien­hintergründen.

Laut der Studien­ergebnisse könnte es zur Förderung vielfältiger Teams bereits hilfreich sein, sich vorzustellen, Teamentscheidungen für eine fremde Person anstatt für sich selbst zu fällen – oder Teamentscheidungen tatsächlich von anderen treffen zu lassen. Die Studien legen aber auch nahe, dass es wichtig ist, Machbarkeits­bedenken zur Diversität ernst zu nehmen und zu zeigen, dass die Zusammenarbeit in diversen Teams durch Trainings und andere Maßnahmen unterstützt wird.  So kann Diversität nicht nur gelobt, sondern auch gelebt werden.

 

Jaffé, M. E., Rudert, S. C., & Greifeneder, R. (2019). You should go for diversity, but I´d rather stay with similar others: Social distance modulates the preference for diversity. Journal of Experimental Social Psychology, 85, Article 103881. https://doi.org/10.1016/j.jesp.2019.103881

Redaktion und Ansprech­partner*in¹: Janin Rössel¹, Thomas Dyllick

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