Von Sexisten und Sexistinnen

- Anne Landhäußer –

Wie sexistisch jemand ist, wird nicht so sehr durch das Geschlecht beeinflusst, sondern vielmehr durch den Wunsch nach Eindeutigkeit und einfachen Antworten auf schwierige Fragen.

Sexismus gegenüber Frauen ist keine reine Männersache. Es gibt durchaus auch Angehörige des weiblichen Geschlechts, die der Meinung sind, dass sich Frauen aus Bereichen wie Wirtschaft, Wissenschaft und Politik besser heraushalten sollten, da sie hinter dem Herd den geringsten Schaden anzurichten vermögen. Nichts desto trotz hat sich die sozialpsychologische Forschung bislang hauptsächlich auf Männer konzentriert, wenn es um Sexismus gegenüber Frauen ging. Zugegeben: Treten (heterosexuelle) Männer Frauen vorurteilsbehaftet gegenüber, ist das ein interessantes Phänomen: Können beispielsweise Rassisten Menschen mit anderen ethnischen Wurzeln einfach bestmöglich aus dem Weg gehen, beziehen Sexisten das Objekt ihrer Vorurteile in der Regel als (Sexual-)Partnerin in ihre Lebens­planung mit ein. Eine Wahrnehmung der Frau als negativ ist für den heterosexuellen Mann also problematisch.

Vor diesem Hintergrund entwickelten Peter Glick und Susan Fiske das Konzept des „ambivalenten Sexismus“: Ihnen zufolge gibt es nicht nur feindseligen Sexismus, der sich in einer negativen Einstellung gegenüber Frauen und deren emanzipatorischen Bestrebungen äußert, sondern ebenso wohlwollenden Sexismus. Letzterer ist dadurch gekennzeichnet, dass Frauen zwar durchaus mit Vorurteilen begegnet wird, diese aber positiv konnotiert sind (z.B. Frauen sind einfühlsame, zarte Wesen). Auch werden Frauen hier konservative und einschränkende geschlechtsstereotype Rollen zugeschrieben (z. B. Hausfrau und Mutter).  Bezüglich beider Sexismen könnte man (oder frau) annehmen, dass in erster Linie Männer solche Einstellungen vertreten.

Ein belgisches Forschungs­team um Arne Roets ging nun jedoch der Frage nach, ob sich Männer in ihrem feindseligen und wohlwollenden Sexismus gegenüber Frauen tatsächlich von eben diesen unterscheiden – oder ob es nicht vielmehr andere zentralere Einflussfaktoren als das Geschlecht gibt. In zwei großen Stichproben mit Männern und Frauen unterschiedlichsten Alters maßen die Forscher sowohl das Ausmaß beider Sexismen als auch diverse Persönlichkeits­eigenschaften. Es zeigte sich, dass Männer zwar tatsächlich die größeren Sexisten sind, dass der Unterschied zwischen den Geschlechtern aber äußerst gering ist, insbesondere, wenn man den wohlwollenden Sexismus betrachtet.

Ein weit wichtigerer Einflussfaktor als das Geschlecht einer Person scheint eine Eigenschaft zu sein, die man in der Psychologie als „Bedürfnis nach kognitiver Geschlossenheit“ bezeichnet. Menschen mit diesem Bedürfnis bevorzugen klare, strukturierte und eindeutige Antworten auf alle Fragen, sie hassen Chaos, Uneindeutigkeiten und Situationen, für die es keine simple Lösung gibt. Wer ein Bedürfnis nach kognitiver Geschlossenheit hat, neigt dazu, eine unklare Situation gemäß bestehender Denkmuster schnell als eindeutig zu interpretieren und so eigene Einstellungen zu verfestigen. In der Studie zeigte sich nun, dass mit zunehmendem Bedürfnis nach kognitiver Geschlossenheit ein ausgeprägterer Sexismus einhergeht – und das unabhängig vom Geschlecht.

„Die Männer schaffen das Geld heran, die Frauen machen den Haushalt.“ Es gibt Männer, denen dieses simple Weltbild gelegen kommt. Frauen auch.

Roets, A., van Hiel, A., & Dhont, K. (2012). Is sexism a gender issue? A motivated social cognition perspective on men’s and women’s sexist attitudes toward own and other gender. European Journal of Personality, 26, 350–359.

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