Auch heute stehen Frauen noch vor vielen Hindernissen beim Zugang zu Führungspositionen und beim beruflichen Erfolg. Eines der Hindernisse ist, dass Eigenschaften und Verhaltensweisen, die eher Frauen zugeschrieben werden, häufig nicht zu den Strukturen in den Unternehmen passen. Untersuchungen zeigen beispielsweise, dass es für den Aufstieg in Unternehmen hilfreich sein kann, „politische Spielchen“ zu spielen. Damit sind Verhaltensweisen gemeint, die auf den Aufbau von Macht und Einfluss abzielen, oft auf unfaire Weise. Dieses Verhalten wird eher Männern zugeschrieben. Demgegenüber steht das Verhalten, Leistung zu zeigen, also in der Arbeitswelt durch Fähigkeiten und Kompetenzen zu überzeugen. Dieses Verhalten wird in der Regel als geschlechtsneutral wahrgenommen, oder eher Frauen zugeschrieben.
Vor diesem Hintergrund hat ein Mannheimer Forschungsteam folgende Hypothese aufgestellt: In Unternehmensstrukturen, in denen „politische Spielchen“ für den individuellen Erfolg im Unternehmen wichtig sind, fühlen sich Frauen eher fehl am Platz als Männer. Des Weiteren wurde die Hypothese aufgestellt, dass in Unternehmensstrukturen, die das Zeigen von Leistung fördern, dieser Unterschied zwischen Männern und Frauen weniger stark auftritt.
Um die Hypothesen zu testen, führte das Forschungsteam zwei Studien mit identischem Design durch. Die Teilnehmenden sollten sich in die Situation eines Berufsanfängers in einem fiktiven Unternehmen versetzen und wurden zufällig in zwei Gruppen aufgeteilt. Eine Hälfte der Teilnehmenden erhielt die Information, dass in dem Unternehmen „politische Spielchen“ wichtig seien. Die andere Hälfte erhielt die Information, dass in dem Unternehmen „Leistung zeigen“ wichtig ist. Anschließend wurden alle Teilnehmenden gefragt, ob sie sich in diesen Unternehmensstrukturen wohl fühlen würden oder ob sie das Gefühl hätten, fehl am Platz zu sein. Die Fragen zielten zum Beispiel darauf ab, ob sie in dem jeweiligen Unternehmen Zweifel an ihren eigenen Fähigkeiten oder Angst vor negativen Reaktionen anderer hätten.
In beiden Studien äußerten Frauen mehr Angst vor negativen Reaktionen, wenn die Unternehmensstruktur „politische Spielchen“ förderte, zudem zweifelten sie häufiger an ihren Fähigkeiten. Dagegen waren die Antworten von Männern und Frauen nahezu identisch, wenn im Unternehmen das Zeigen von Leistung für den Erfolg relevant war.
Diese Ergebnisse sind gesellschaftlich relevant, da Personen, die sich in einem Unternehmen fehl am Platz fühlen und glauben, nicht die nötigen Fähigkeiten zu besitzen, weniger wahrscheinlich Führungspositionen anstreben. Unternehmensstrukturen können den Karriereweg also stark beeinflussen. Auch wenn die Ergebnisse der Studien auf hypothetischen Szenarien beruhen und noch weiter überprüft werden müssen, könnten Unternehmen schon daran arbeiten, „politische Spielchen“ einzudämmen und stattdessen eine Kultur zu schaffen, in welcher jeder, unabhängig vom Geschlecht, erfolgreich sein kann.
Salwender, M., Schoel, C., Bless, H., & Stahlberg, D. (2023). The politics hurdle: Joint effect of organizational culture and gender on lack of fit experiences. Social Psychological and Personality Science, 14(1), 84–92. https://doi.org/10.1177/19485506221075898
Redaktion und Ansprechpartner*in¹: Michael Barthelmäs¹, Jana Berkessel
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