Wenn die Personal­verantwortlichen rot sehen...

- Ann Sophie Ciecior & Jennifer Weber –

Das Tragen einer roten Krawatte auf dem Bewerbungs­foto kann die Einstellungs­chancen senken, weil Rot oftmals eine geringe Kompetenz signalisiert.

Stellen Sie sich die folgende Situation vor: Nach längerer Suche haben Sie endlich das Stellenangebot für Ihren Traumjob gefunden. Das Anschreiben und der Lebens­lauf sind schnell verfasst. Jetzt fehlt nur noch das passende Bewerbungs­foto. Aber was sollen Sie bloß dafür anziehen? Dass Sie sich schick und ordentlich kleiden, steht außer Frage. Aber welche Farbe sollen Sie für Ihre Kleidung wählen?

Farben können unsere Wahrnehmung unbewusst beeinflussen. In einer Reihe von Studien konnte beispielsweise gezeigt werden, dass Personen mit einem roten Kleidungs­stück bei einer romantischen Verabredung als besonders attraktiv wahrgenommen werden. In dieser Situation signalisiert die Farbe Rot bei Frauen sexuelle Empfängnisbereitschaft und bei Männern einen hohen Status. Andere Forschung weist demgegenüber darauf hin, dass die Farbe Rot oftmals eher mit Misserfolg assoziiert wird. Dieser Effekt kann darauf zurückgeführt werden, dass wir bereits als Kinder lernen Rot mit Fehlern und Gefahren in Verbindung zu bringen. Wie wirkt das Tragen von roter Kleidung nun in Situationen, in denen nicht die sexuelle Attraktivität, sondern die Fähigkeiten einer Person im Vordergrund stehen?

Ein Forschungs­team um Markus Maier nahm an, dass das Tragen eines roten Kleidungs­stücks im Rahmen einer Bewerbung aufgrund der Assoziation mit Misserfolg weniger Kompetenz ausstrahlt und folglich geringere Einstellungs­chancen nach sich zieht als das Tragen andersfarbiger Kleidung. Um diese Annahme zu überprüfen, sollten sich Studierende in die Rolle von Personal­verantwortlichen hineinversetzen, die eine Stelle auf mittlerer Führungs­ebene zu besetzen haben. Allen Studierenden wurde dabei das Bewerbungs­foto eines Mannes gezeigt. Während der Mann bei der einen Hälfte der Teilnehmenden eine rote Krawatte trug, hatte er bei der anderen Hälfte eine grüne Krawatte an. Anschließend sollten die Studierenden beurteilen, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie den Mann einstellen würden, seine Fähigkeiten sowie Führungs­qualitäten einschätzen und angeben, für wie sympathisch Sie ihn hielten.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass dem Mann beim Tragen der roten Krawatte geringere Fähigkeiten sowie Führungs­qualitäten zugeschrieben wurden und er in der Folge weniger wahrscheinlich eingestellt worden wäre als beim Tragen der grünen Krawatte. Lediglich auf die Sympathie des Mannes hatte die Krawattenfarbe keinen Einfluss.

Die von den Forschenden aufgestellte Hypothese konnte somit im Hinblick auf männliche Bewerbende bestätigt werden. Inwieweit das Tragen von roten Kleidungs­stücken auf einem Bewerbungs­foto auch für Frauen nachteilig ist und wie groß der Einfluss der Farbe Rot in einem  realen Bewerbungs­gespräch ausfällt, bleibt jedoch ungewiss und muss in zukünftigen Studien geklärt werden. Um den ersehnten Traumjob zu bekommen, sollte „Mann“ beim Bewerbungs­foto aber besser auf eine rote Krawatte verzichten. Denn der erste Eindruck, den eine Person aufgrund ihrer Kleidungs­farbe auf einem Bewerbungs­foto vermittelt, wird vermutlich oftmals ähnlich sein – auch wenn das Foto nicht in einem Experimentallabor, sondern in einem Personalbüro betrachtet wird.

Maier, M. A., Elliot, A. J., Lee, B., Lichtenfeld, S., Barchfeld, P., & Pekrun, R. (2013). The influence of red on impression formation in a job application context. Motivation and Emotion, 37, 389–401. doi: 10.1007/s11031-012-9326-1

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