Wie sprechende Mülleimer der (Um-)Welt helfen können

- Luca Planert –

Wer für gemeinnützige Projekte wirbt, sollte auf Werbung achten, in der Pflanzen, Tiere oder Objekte personifiziert werden, da so die Wirkung der Kampagne erhöht werden kann.

Es ist Samstagnachmittag und Sie entschließen sich zu einem gemütlichen Stadtbummel. In der Fußgängerzone fällt Ihr Blick auf eine kleine Gruppe von Personen, die mit einem aufwändig gestalteten Plakat für ein Umwelt­projekt wirbt. Sie bleiben zwar interessiert stehen, bemerken jedoch, dass das Plakat in Ihnen nicht das Bedürfnis wachruft, dem Spendenaufruf nachzukommen. Doch warum?

Erst jüngst ging ein Forschungs­team um Hee-Kyung Ahn der Frage nach, wie etwa Plakate gestaltet sein müssen, um andere Menschen dazu zu bringen, gemeinnützige Projekte zu unterstützen. Sie hatten dabei die Hypothese, dass dies durch Personifikation der dargestellten Objekte funktionieren könne, also indem Objekte vermenschlicht werden – beispielsweise durch das Einfügen eines menschlichen Gesichtes oder die Benutzung von Sprechblasen. Die Forschenden vermuteten, dass dadurch ein Ignorieren des Plakates dem Ignorieren eines Menschen gleich käme. Diese Annahme stützen neuere Ergebnisse der Hirnforschung, die zeigen, dass die gleichen Hirnregionen aktiv sind, wenn Menschen über andere Menschen oder aber über vermenschlichte Dinge nachdenken. Da das Ignorieren eines Menschen, der einen um etwas bittet, Schuldgefühle wachrufe, versuche man, das negative Gefühl der Schuld zu vermeiden, indem man sich der Sache zuwende, so die Erklärung des Forschungs­teams.

Um ihre Hypothese zu testen, führten die Forschenden zunächst ein Labor-Experiment durch, bei dem die Teilnehmenden gebeten wurden, die Wirkung eines Plakates für eine Recycling-Kampagne zu beurteilen. Gezeigt wurde das jeweils gleiche Bild, entweder mit einem handels­üblichen Mülleimer mit der Überschrift „Bitte werfen Sie nur Essensabfälle hinein!“ oder mit einem Mülleimer mit menschlichem Gesicht und der Überschrift „Bitte füttern Sie mich nur mit Essensabfällen!“. Erwartungs­gemäß wurde das Plakat mit dem vermenschlichten Mülleimer als wirksamer für die Kampagne eingeschätzt.

In einer zweiten Untersuchung sollte der gefundene Effekt auch in einer alltäglichen Situation geprüft werden. Deshalb warb das Forschungs­team in einem Café für die finanz­ielle Unterstützung bei der Rettung von Bäumen entweder mit einem Plakat mit einem realistischen Baum oder mit einem Plakat, auf dem ein vermenschlichter Baum abgebildet war. Das Ergebnis bekräftigte auch hier die Hypothese: Der vermenschlichte Baum brachte 65% der Café-BesucherInnen zum Spenden, wohingegen ein natürlicher Baum lediglich 43% der Café-BesucherInnen zum Spenden veranlasste. Außerdem war der pro Person gespendete Betrag im Durchschnitt deutlich höher, wenn auf dem Plakat ein Baum mit menschlichem Gesicht zu sehen war.

Diese Studien zeigen, dass eine Kampagne für gemeinnützige Projekte durch eine einfach zu gestaltende Maßnahme, nämlich das Vermenschlichen von dargestellten Objekten, effektiver werden kann. Ein vermenschlicht gestaltetes Plakat wurde nicht nur als wirksamer eingeschätzt, sondern führte auch zu häufigeren und höheren Spenden. Besonders überzeugend ist, dass diese Methode einfach und ohne größere Kosten umzusetzen ist. Ohne großen Aufwand können somit Menschen bei Betrachten eines Plakates eher davon überzeugt werden, der Umwelt zu helfen.

Ahn, H. K., Kim, H. J., & Aggarwal, P. (2014). Helping Fellow Beings: Anthropomorphized Social Causes and the Role of Anticipatory Guilt. Psychological Science, 25(1), 224–229. doi: 10.1177/0956797613496823

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