Wie Verschwörungs­theorien nicht nur den Klimawandel verschwinden lassen.

- Igor Ivanov –

Je stärker Menschen Verschwörungs­theorien zustimmen, desto mehr lehnen sie gut etablierte wissenschaft­liche Befunde unabhängig von deren Inhalt ab.

Anna ist davon überzeugt, dass sämtliche Mondlandungen in einem Filmstudio gefälscht wurden. Auch wurde ihrer Meinung nach der Anschlag auf das World Trade Center von der US-Regierung geplant und John F. Kennedy von einer politisch organisierten Gruppierung getötet. Anna glaubt also an eine riesige Verschwörung, die das Weltgeschehen maßgeblich beeinflusst. Doch haben Annas Verschwörungs­theorien auch Konsequenzen darüber hinaus? Zweifelt sie aufgrund ihrer Annahmen vielleicht sogar an gut etablierten wissenschaft­lichen Befunden?

Bisherige Forschung konnte zeigen, dass Personen meist nicht nur einer einzelnen Verschwörungs­theorie anhängen, sondern oftmals verschiedene solcher Ansichten vertreten. Eine Forschungs­gruppe um Stephan Lewandowsky schloss daraus, dass Verschwörungs­annahmen mit einer relativ stabilen Denkweise einhergehen, was auch die Ablehnung wissenschaft­licher Befunde nach sich ziehen kann. So sollten Personen wissenschaft­liche Fakten unabhängig von deren Inhalt umso mehr ablehnen, je stärker sie Verschwörungs­theorien zustimmen.

Um diese Hypothese zu überprüfen, befragte Lewandowskys Team über 1100 Besuchende von Internet-Blogs, die das Thema Klimaforschung zum Inhalt haben. Die Teilnehmenden sollten zu verschiedenen Aussagen das Ausmaß ihrer Zustimmung angeben. Einerseits wurde die Zustimmung zu verschiedenen Verschwörungs­annahmen erfragt, zum Beispiel dass die Mondlandungen vorgetäuscht oder der Angriff auf das World Trade Center von der US-Regierung initiiert worden seien. Andererseits bezogen sich die Aussagen auf die Kernbefunde aus der Klimaforschung und anderen Wissenschafts­bereichen wie der AIDS- oder Krebsforschung. So wurden die Teilnehmenden beispielsweise gefragt, wie sehr sie glaubten, dass das Verbrennen fossiler Brennstoffe zu globaler Erwärmung führe oder dass Rauchen Lungenkrebs verursache. Um einen Einfluss der Reihenfolge der Themenblöcke auf die Ergebnisse auszuschließen, wurde selbige im Fragebogen variiert. Letztlich wurde überprüft, wie sehr die Aussagen zu den Verschwörungen mit denjenigen zu den Wissenschafts­bereichen zusammenhängen.

Die Ergebnisse bestätigten die Annahmen der Forschenden: Je stärker die Befragten an Verschwörungs­theorien glaubten, desto stärker lehnten sie die gut etablierten wissenschaft­lichen Befunde ab. Dieser Zusammenhang war unabhängig vom Inhalt der Verschwörungs­theorien und der Wissenschafts­bereiche gegeben.

Aufgrund des Umfragecharakters der Studie kann zunächst keine Aussage über die Wirkungs­richtung in den Zusammenhängen getroffen werden. Auch war die Umfrage nicht repräsentativ, wodurch die Allgemeingültigkeit der Befunde nicht gesichert ist. Dennoch deuten die Resultate darauf hin, dass sich verschwörungs­theoretisches Denken unabhängig vom Inhalt auch auf gut belegte und etablierte wissenschaft­liche Befunde übertragen kann.

Sich mit Anna über die Mondlandung zu unterhalten, kann unterhaltsam sein. Weniger amüsant wird es aber, wenn sie sich eine günstige „Benzinschleuder“ kauft oder jeden Tag genüsslich mehrere Zigaretten raucht, weil sie dieses Verhalten ökologisch wie gesundheitlich als unbedenklich erachtet. Verschwörungs­theoretisches Denken kann den Befunden zufolge also gefährliche Aus­wirkungen für die einzelne Person wie auch die Gesellschaft haben.

  

Lewandowsky, S., Oberauer, K., & Gignac, G. E. (2013). NASA Faked the Moon Landing -Therefore, (Climate) Science Is a Hoax: An Anatomy of the Motivated Rejection of Science. Psychological Science, 24(5), 622–633. 

Redaktion und Ansprech­partnerIn*: Bianca von Wurzbach*, Judith Tonner

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