WIR brauchen keinen Rat, aber ICH schon!

- Kim-Leonie Büsgen –

Gruppen berücksichtigen Informationen von außen weniger als Personen, die alleine eine Entscheidung treffen müssen, weil die Zusammenarbeit in einer Gruppe die Selbstsicherheit erhöht.

In den meisten Bereichen werden Entscheidungen gemeinschaft­lich gefällt. Gremien kommen zusammen, diskutieren und treffen am Ende eine Entscheidung. Auch wenn dies auf den ersten Blick sehr vernünftig erscheint, treffen Gruppen oft schlechte Entscheidungen, weil sie Informationen von außen einfach nicht berücksichtigen. Aber würden einzelne Gruppen­mitglieder solche Informationen einbeziehen, wenn sie die Entscheidung alleine treffen müssten? Und macht es einen Unterschied, ob die Informationen von einer einzelnen Person oder einer anderen Gruppe stammen?

Die amerikanischen Forscherinnen Julia Minson und Jennifer Mueller untersuchten, ob allein die Tatsache, dass mit anderen Personen zusammengearbeitet wird, dazu führt, dass Informationen von außen weniger Beachtung finden. Sie gingen davon aus, dass sich Personen als Konsequenz ihrer Zusammenarbeit selbstsicherer fühlen, als wenn sie eine Entscheidung alleine treffen müssten, und sie die Informationen von außen als Folge dieser (trügerischen) Sicherheit eher ablehnen. 

Um diese Hypothese zu testen, ließen die Forscherinnen ihre Studien­teilnehmenden neun Schätzaufgaben zu Geographie, Demographie und Handel in den USA beantworten (z.B. Wieviel Prozent aller AmerikanerInnen besitzen Haustiere?). Die Beantwortung erfolgte entweder alleine oder gemeinsam mit einer anderen Person. Anschließend bekamen die Teilnehmenden entweder die tatsächlichen Schätzungen von einer anderen Person oder die Schätzungen einer anderen Zweier­gruppe präsentiert  und durften ihre Antworten daraufhin bearbeiten. Darüber hinaus sollten die Teilnehmenden für jede Frage angeben, wie sicher sie sich bei ihrer Anfangsschätzung waren. 

Eine statistische Analyse der Daten ergab, dass Zweier­gruppen die Informationen von anderen weniger berücksichtigten als Personen, die alleine die Fragen beantworten mussten. Von wem die Informationen stammten – Einzelperson oder Zweier­gruppe – spielte dabei keine Rolle. Außerdem fühlten sich Personen, die ihre Antworten gemeinsam mit einem Partner beziehungs­weise einer Partnerin gaben, sicherer bei ihren Anfangsschätzungen als diejenigen, die alleine antworten mussten. Die Autorinnen konnten zudem zeigen, dass die erhöhte Selbstsicherheit der Gruppen zur stärkeren Vernachlässigung der Informationen anderer geführt hatte.  Weitere Analysen ergaben darüber hinaus, dass sich die Schätzungen der Gruppen signifikant verbessert hätten, wenn sie die Antworten der anderen Teilnehmenden in dem Maße berücksichtigt hätten wie diejenigen, die alleine die Fragen bearbeiten mussten.

 Die Berücksichtigung von Informationen, die von außen an eine Gruppe herangetragen werden, verbessert also die Entscheidungs­ergebnisse. Aufgrund der größeren Selbstsicherheit von Gruppen werden diese Informationen allerdings zu wenig einbezogen. Eine Idee, wie dem entgegen gewirkt werden könnte, wäre zum Beispiel die Bestimmung einer Person, die nicht direkt der Gruppe angehört und auf Basis der Gruppen­informationen sowie externer Informationen eine Entscheidung fällt. Inwieweit ein solches Konzept jedoch in der Praxis umsetzbar und letztendlich auch erfolgreich wäre, müsste noch gezeigt werden.

Minson, J. A., & Mueller, J. S. (2012). The cost of collaboration: Why joint decision making exacerbates rejection of outside information. Psychological Science, 23(3), 219–224.

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