„Wir machen es so, wie ich es sage!“ ... oder besser nicht?

- Selma Rudert –

Sehr selbstbewusste und autoritäre Menschen werden zwar für gute Führungs­personen gehalten, behindern jedoch Informations­austausch und mindern sodie Gruppen­leistung.

Ganz spontan gefragt: Wie würden Sie sich eine erfolgreiche Führungs­person vorstellen? Wenn Ihnen jetzt Worte wie durchsetzungs­stark, selbstbewusst und dominant einfallen, liegen sie genau im Trend mit der in unserer Kultur typischen Vorstellung eines „guten Anführers“. Doch sind diese Menschen auch wirklich effektivere Führungs­personen?

Dieser Frage ging das Forscherteam um Barbora Nevicka von der Universität Amsterdam nach. In einem fiktiven Auswahl­verfahren sollten sich die Teilnehmenden für eine/n von drei BewerberInnen für eine Stelle als GeheimagentIn entscheiden. Dazu wurden sie in Dreier­gruppen aufgeteilt und eine von ihnen zufällig zur Leiterin bzw. zum Leiter der Gruppe ernannt. Die Führungs­person traf die finale Entscheidung, während die beiden anderen Gruppen­mitglieder sie nur beraten durften. Im Vorfeld hatten die Gruppen verschiedene Bewerberprofile der KandidatInnen gelesen, die jedoch für jedes Gruppen­mitglied aus leicht unterschiedlicher Information bestand. Der oder die optimale KandidatIn konnte nur gefunden werden, wenn die Gruppen­mitglieder alle Information zusammentrugen.

Die Gruppen­mitglieder hielten die Führungs­person für umso fähiger, je autoritärer sie sich in der Diskussion verhalten hatte und je mehr sie dem Bild einer vermeintlich typischen Führungs­person entsprach. Mit dieser Einschätzung irrten sie jedoch gewaltig: Denn die angeblich erfolgreichen Führungs­personen lagen in ihren finalen Entscheidungen am häufigsten daneben und wählten öfter falsche Kandidaten. Der Grund dafür war, dass es unter ihrer Führung nur wenig Informations­austausch innerhalb der Gruppe gab, weswegen wichtige Informationen einzelner Gruppen­mitglieder unter den Tisch fielen und es letztlich zu einer suboptimalen Entscheidung kam.

Wie aber kommt es zu diesem fatalen Paradox, dass die uns am besten erscheinenden Führungs­personen in Wirklichkeit oft schlechtere Entscheidungen treffen? Eine Erklärung ist, dass solche Menschen durch ihr – oft übersteigertes – Selbstbewusstsein eine sehr hohe Kompetenz ausstrahlen, durch die andere Menschen sich leicht täuschen lassen. Da diese „BlenderInnen“ jedoch oft zu sehr von sich selbst überzeugt und mit sich selbst beschäftigt sind, überschätzen sie die Qualität ihres eigenen Urteils oder übersehen gar völlig, dass andere Menschen auch etwas beitragen können.

Die Konsequenzen können gravierend sein, denkt man beispielsweise an die Politik. Parteien stellen im Regelfall KandidatInnen auf, von denen man hofft, dass sie dem Bild der WählerInnen von typischen Führungs­personen entsprechen. Dabei wäre es eigentlich viel sinnvoller, mehr auf die inhaltlichen Argumente und das tatsächliche Verhalten der KandidatInnen zu achten, als sich von ihrem Selbstbewusstsein und autoritären Auftreten blenden zu lassen.

Nevicka, B., Ten Velden, F.S., De Hoogh, A. H. B., & Van Vianen, A.E.M. (2011). Reality at odds with perceptions: Narcissistic leaders and group performance. Psychological Science, 22(10), 1259-1264.

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