Zeigt her auch eure Fehler

- Luise Metzger –

Erfolgreiche Menschen, die auch ihre Misserfolge offenlegen, ziehen oftmals weniger böswilligen Neid auf sich und motivieren Neidende stärker zur Zielverfolgung als solche Menschen, die nur über ihre Erfolge sprechen.

Der Princeton-Professor Johannes Haushofer veröffentlichte 2016 ein ganz besonderes Dokument: Seinen „Lebens­lauf der Misserfolge“. Statt einer langen Liste bedeutsamer Stellen, Preise und Veröffentlichungen, wie man sie üblicherweise auf professionellen Profilen findet, führte Haushofer diejenigen Vorhaben und Bemühungen auf, die in seiner beruflichen Vergangenheit erfolglos geblieben waren. Warum weist ein erfolgreicher Akademiker absichtlich auf seine Misserfolge hin?

Wer Erfolgsgeschichten erzählt, zieht oftmals den Neid derer auf sich, die in dem entsprechenden Bereich auch gerne erfolgreich wären. Vergangene Forschung konnte dabei zwei Arten von Neid unterscheiden: Böswilliger Neid kommt auf, wenn andere davon ausgehen, dass eine erfolgreiche Person ihren Erfolg nicht verdient hat. Dies kann dazu führen, dass die anderen dieser Person den Erfolg nicht gönnen und ihr deshalb schaden wollen. Wenn der Erfolg hingegen verdient scheint, löst dies eher wohlwollenden Neid aus. Dieser motiviert die Neidenden, dem erfolgreichen Vorbild nachzueifern, um selbst erfolgreicher zu werden. Doch was beeinflusst, ob böswilliger oder wohlwollender Neid auftritt?

Mit dieser Frage beschäftigte sich jüngst ein Forschungs­team um Alison Wood Brooks. Es vermutete, dass eine erfolgreiche Person dem Aufkommen von böswilligem Neid entgegenwirken kann, indem sie zusätzlich zu den eigenen Erfolgen auch ihre Misserfolge offenlegt: Erzählt eine erfolgreiche Person nur von ihren Erfolgen, sollten andere denken, dass sie diese durch Talent erreicht hat, sich also keine Mühe geben musste. Die Erfolge sollten dann unverdient scheinen und die erfolgreiche Person arrogant und überheblich wirken. Das sollte eher böswilligen Neid auslösen. Nennt die erfolgreiche Person allerdings auch die Misserfolge, denen sie sich auf dem Weg zum Erfolg stellen musste, sollten die Neidenden sehen, dass sich die Person angestrengt und Einsatz gezeigt hat, was den Erfolg als verdient und die Person als selbstbewusst erscheinen lassen sollte. Dies sollte wiederum eher wohlwollenden Neid auslösen.

Um diese Hypothesen zu überprüfen, führten die Forschenden eine Studie bei einem Pitch-Wettbewerb durch, also einem Event, bei dem junge Unternehmer*innen ihre Geschäftsideen präsentieren, um potenzielle Geldgeber*innen zur Investition zu bewegen. Hier spielte das Forschungs­team 86 Teilnehmenden je eine von zwei Ton-Aufnahmen vor, die angeblich den Kurzvortrag einer Konkurrentin wiedergaben: Bei der Hälfte der Teilnehmenden sprach die fiktive Konkurrentin ausschließlich über ihre Erfolge. Bei der anderen Hälfte nannte sie auch ihre Misserfolge. Im Anschluss füllten alle Teilnehmenden einen Fragebogen zu ihrem böswilligen und wohlwollenden Neid sowie ihrem Eindruck von der Konkurrentin aus.

Wie erwartet zeigten diejenigen Teilnehmenden, die von ihrer Konkurrentin Erfolge wie Misserfolge präsentiert bekommen hatten, weniger böswilligen und mehr wohlwollenden Neid als diejenigen, die nur die Erfolge gehört hatten. Außerdem schätzten sie die Konkurrentin als weniger überheblich und tendenziell mehr selbstbewusst ein.

Professor Haushofers „Lebens­lauf der Misserfolge“ scheint also eine gute Idee zu sein: Wenn erfolgreiche Menschen auch die weniger erfolgreichen Teile ihrer Karriere preisgeben, kann dies böswilligem Neid entgegenwirken und andere dazu motivieren, ihre Ziele trotz Rückschlägen zu verfolgen.

 

Brooks, A. W., Huang, K., Abi-Esber, N., Buell, R. W., Huang, L., & Hall, B. (2019). Mitigating malicious envy: Why successful individuals should reveal their failures. Journal of Experimental Psychology: General, 148(4), 667–687. https://doi.org/10.1037/xge0000538

Haushofer, J. (2016). CV of failures. Abgerufen von www.princeton.edu/~joha/Johannes_Haushofer_CV_of_Failures.pdf

Redaktion und Ansprech­partner*in¹: Bianca von Wurzbach¹, Thomas Dyllick-Brenzinger 

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