Zeit mit Freund*innen oder der Familie – Was führt zu mehr Wohlbefinden?

- Lea Schweitzer & Aniela Staffa –

Das stärkste Wohlbefinden erleben wir in Interaktion mit unseren Freund*innen, da die gemeinsamen Aktivitäten meist freizeitlich sind.

In jeder noch so tollen Familie kann es manchmal anstrengend werden. Die Kinder quengeln, weil sie ein Eis essen möchten, der Opa muss zur Ärztin gefahren werden und der oder die Liebste hatte einen schlechten Tag und muss aufgem­untert werden. Am Wochenende trifft man sich dann im Freundschafts­kreis auf ein Glas Wein. So lässt es sich endlich entspannen und vom Alltag abschalten. In der Familie übernehmen wir also nicht nur angenehme Rollen, sondern gehen oft auch unangenehmeren Verpflichtungen nach. Verbringen wir Zeit mit unseren Freund*innen, ist dies dagegen meist mit erfreulichen Aktivitäten verknüpft. Doch bedeutet dies, dass unser erlebtes Wohlbefinden, also unser in einer Situation als positiv erlebter emotionaler Zustand, weniger durch die gemeinsame Zeit mit Partner*in und Kindern gestärkt wird als durch die gemeinsame Zeit mit Freund*innen?

Mit dieser Frage beschäftigte sich ein Forschungs­team um Nathan Hudson. Es untersuchte, ob sich die Interaktion mit Familien­mitgliedern anders auf das erlebte Wohlbefinden auswirkt als die Interaktion mit Freund*innen. Eine Annahme der Forschenden war, dass die unterschiedlichen Aktivitäten, die typischerweise mit Familie im Gegensatz zu Freund*innen durchgeführt werden, unterschiedliche Emotionen und damit ein unterschiedliches erlebtes Wohlbefinden auslösen könnten.

Um diese Fragestellung zu beleuchten, führte das Forschungs­team eine Untersuchung mit rund 400 US-amerikanischen Teilnehmenden durch. Diese sollten über einen Zeitraum von zwei Monaten täglich unter anderem angeben, mit wem sie den Tag zuvor welche Aktivitäten durchgeführt und wie sie sich dabei gefühlt hatten. In Übereinstimmung mit vergangener Forschung erlebten die Teilnehmenden bei Interaktionen mit dem/der Partner*in, Freund*innen und den eigenen Kindern ein höheres Wohlbefinden als bei Abwesenheit dieser Personen. Darüber hinaus zeigte sich zudem, dass das erlebte Wohlbefinden während der Interaktion mit Freund*innen am stärksten war.

Weitere Analysen legten dar, dass dieser Effekt insbesondere durch die unterschiedlichen Aktivitäten bedingt war, die mit Freund*innen im Vergleich zu Partner*in und Kindern unternommen wurden. Während beispielsweise Hausarbeit häufiger mit dem/der Partner*in erledigt wurde als mit Freund*innen, zeigte sich beim geselligen Zusammensein das Gegenteil. Unser alltägliches Wohlbefinden hängt demnach also stärker von der Art der Interaktion ab als von der Frage, ob Freund*innen oder Familie involviert sind.

Interessanterweise zeigte sich in der Studie darüber hinaus, dass das globale Wohlbefinden, wie zum Beispiel die allgemeine Lebens­zufriedenheit, am stärksten von der gemeinsamen Zeit mit  dem/der Partner*in abhängt. Im Idealfall sollten wir also auch mit Partner*in und Kindern schöne Aktivitäten durchführen. Denn das stärkt vermutlich sowohl unser erlebtes Wohlbefinden in der Situation als auch unsere übergreifende Lebens­zufriedenheit.

 

Hudson, N. W., Lucas, R. E. & Donnellan, M. B. (2020). Are we happier with others? An investigation of the links between spending time with others and subjective well-being. Journal of Personality and Social Psychology119(3), 672–694. https://doi.org/10.1037/pspp0000290

Redaktion und Ansprech­partner*in¹: Bianca von Wurzbach¹, Selma Rudert

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