Bist du langweilig!

- Birgit Gutzer –

Langeweile in der Ehe führt zu größerer Un­zufriedenheit neun Jahre später.

In Deutschland wurden im Jahr 2006 ungefähr 20 Prozent aller Ehen in den ersten fünf Jahren geschieden, doch die Dunkelziffer nicht erfasster Trennungen ist wahrscheinlich deutlich höher. Welche Ursachen haben Scheidungen, Trennungen oder zumindest eine merkliche Verschlechterung einer längerfristigen Beziehung? Neben vielen anderen Faktoren wie Untreue oder finanz­iellen Problemen spielt die Un­zufriedenheit mit der Beziehung eine große Rolle. Ein amerikanisches Forschungs­team berichtet aktuell, dass Langeweile in der Ehe einer der ersten Schritte zu ehelicher Un­zufriedenheit ist.

Irene Tsapelas und ihr Team untersuchten den Einfluss von Langeweile auf die Beziehungs­qualität über einen Zeitraum von neun Jahren. Nach Ansicht des Forscherteams resultiert die Anziehung, die zu Beginn einer Beziehung typischerweise auftritt, aus der schnellen Entwicklung von Nähe und Geborgenheit. Diese Begeisterung für die Partnerschaft nimmt unvermeidlich über die Zeit hin ab, kann jedoch durch Neues und Nicht-Alltägliches, wie gemeinsame Reisen, wieder aufflammen. Eine Untersuchung über einen Zeitraum von neun Jahren stützt diese Annahme.

123 verheiratete Ehepaare aus Michigan, USA, wurden getrennt voneinander von der Forschungs­gruppe nach Langeweile in, Zufriedenheit mit und Enge der Beziehung nach sieben und erneut nach sechzehn Jahren Ehe befragt. Die Langeweile wurde beispielsweise mit der Frage gemessen, wie oft die oder der Befragte im letzten Monat das Gefühl hatte, dass sie oder er mit ihrem Partner / seiner Partnerin ständig die gleichen Dinge tue und selten Spaß aufkomme.

Die Ergebnisse zeigen, dass schon im siebten Jahr diejenigen sich langweilten, die mit ihrer Ehe un­zufrieden waren. Interessanterweise hatte die Langeweile im siebten Ehejahr auch einen direkten Einfluss auf die Zufriedenheit im sechzehnten Jahr. Dieser Zusammenhang über die Zeit lässt sich so erklären, dass die Langeweile die Nähe in der Partnerschaft untergräbt, was wiederum an der Zufriedenheit mit der Ehe zehrt. Welche Rolle dabei andere Faktoren wie Vertrauen oder Engagement spielen, bleibt offen.

Die Studie zeigt, dass man Langeweile in der Beziehung als Warnsignal verstehen sollte. Kommt das Gefühl von Langeweile auf, kann es gut sein, dass Hobbys oder andere Tätigkeiten, die beiden zusammen Spaß machen, wieder Begeisterung für die Beziehung in den Alltag bringen. Dadurch wird die Nähe in der Partnerschaft wieder spürbar und das Eintreten von Un­zufriedenheit unwahrscheinlicher. Da die meisten Scheidungen in Deutschland zwischen dem dritten und neunten Ehejahr stattfinden, kann man mit dem Anti-Langeweile-Programm wohl nicht zu früh beginnen.

Tsapelas, I., Aron, A. & Orbuch, T. (2009). Martial Boredom Now Predicts Less Satisfaction 9 Years Later. Psychological Science, 20 (5), 1–3.

© Forschung erleben 2009, alle Rechte vorbehalten

Zurück