Bitte lächeln – oder lieber doch nicht?!

- Carolin Neureuter –

Auf Fotos wird der Ausdruck von Freude nur bei Frauen als besonders attraktiv wahrgenommen.

Vielleicht kennen Sie das: Es steht mal wieder ein Fototermin an und je näher der Tag rückt, desto mehr Gedanken macht man sich, wie man das Beste aus sich rausholen und besonders gut aussehen kann. Was ziehe ich an? Wie trage ich meine Haare? Lasse ich mich lieber von vorne oder von der Seite fotografieren? Soll ich freundlich lächeln oder lasse ich das lieber, damit man meine Zahnlücke nicht sieht? Und, und, und…

Jessica Tracy und Alec Beall von der University of British Columbia haben etwas herausgefunden, womit zumindest letztere Frage beantwortet werden kann. Sie wollten nämlich wissen, welcher von drei Emotions­ausdrücken vom anderen Geschlecht als am attraktivsten bewertet wird: Stolz, Freude oder Scham. Dies wurde folgendermaßen getestet: Heterosexuellen Frauen und Männern wurden verschiedene Bilder einer Person des jeweils anderen Geschlechts gezeigt. Auf den Bildern waren Frauen und Männer zu sehen, die entweder die Emotion Stolz, Freude oder Scham mit entsprechender Mimik und Gestik oder einen neutralen Ausdruck zeigten. Die Teilnehmenden sollten dann die Attraktivität der abgebildeten Personen bewerten.

Es zeigte sich, dass Frauen bei Männern den Ausdruck von Stolz als am attraktivsten und den Ausdruck von Freude als am wenigsten attraktiv bewerteten. Im Gegensatz dazu empfanden Männer bei Frauen den Ausdruck von Freude als am attraktivsten und den Ausdruck von Stolz als am wenigsten attraktiv. Scham wurde sowohl bei Frauen als auch bei Männern als eher attraktiv wahrgenommen. Interessanterweise tendierten besonders jüngere Frauen dazu, männliche Scham anziehend zu finden.

Das Forschungs­team erklärt diese Ergebnisse in einer evolutions­psychologischen Tradition damit, dass der Ausdruck von Freude feminin und wenig dominant wirkt sowie sexuelles Interesse signalisiert. Ein stolzer Ausdruck hingegen impliziert einen hohen sozialen Status. Dieser wird evolutions­psychologisch vor allem von Frauen als wichtig angesehen, weil er die Versorgung ihres Nachwuchses sicherzustellen vermag. Der Ausdruck von Scham soll Vertrauenswürdigkeit erzeugen. Eine evolutions­psychologische Erklärung dafür, dass vor allem jüngere Frauen den Ausdruck von Scham bei Männern anziehend finden, liefern Tracy und Beall aber nicht. Zudem beeinflussen natürlich auch Geschlechternormen, was wir an unserem weiblichen oder männlichen Gegenüber attraktiv finden – von Frauen wird nun einmal erwartet, dass sie freundlich und offen sind, während Männern ein bisschen Arroganz offenbar ganz gut steht.

Ob sich die Ergebnisse der Studie auch auf reale Begegnungen im alltäglichen Leben übertragen lassen, wo zahlreiche zusätzliche Faktoren eine Rolle spielen, bleibt zu prüfen. Doch was wir nun wissen ist, welchen Emotions­ausdruck wir das nächste Mal auf einem Foto zeigen müssen, um zumindest auf das andere Geschlecht einen guten Eindruck zu machen. Sei es im Familienalbum, in sozialen Netzwerken oder auf Werbeplakaten, Fotografien begegnen uns ständig, und deshalb sind die Ergebnisse dieser Studie für uns alle relevant.

Tracy, J. L., & Beall, A. T. (2011). Happy guys finish last: The impact of emotion expressions on sexual attraction. Emotion, 11, 1379–1387.

© Forschung erleben 2013, alle Rechte vorbehalten

Zurück