Das erzählst Du schon zum dritten Mal!

- Ulrike Rangel –

Warum unser Gedächtnis manchmal vergisst, wem wir eine Geschichte schon erzählt haben.

Kennen Sie das? Sie erzählen Ihrem Gegenüber ganz enthusiastisch eine Geschichte, zum Beispiel vom letzten Wochenende. Als guter Erzähler machen Sie die Geschichte spannend, malen das Erlebte für Ihren Gesprächs­partner aus und schließen Ihren Bericht mit einer furiosen Pointe. Anstatt der erwarteten Reaktion antwortet Ihr Gegenüber jedoch nur müde: „Das hast Du mir doch schon gestern erzählt!“ Aktuellen Forschungs­arbeiten der beiden Psychologen Nigel Gopic und Colin McLeod zufolge muss Ihnen eine Situation wie diese nicht peinlich sein, denn sie ist auf die natürliche Funktions­weise unseres Gedächtnisses zurückzuführen.

Die beiden Forscher nehmen an, dass Erzähler und Zuhörer bei Unterhaltungen der Umgebung unterschiedlich viel Aufmerksamkeit widmen können. Wer erzählt, richtet seine Aufmerksamkeit zu allererst auf sich und auf die Prozesse, die an der Übermittung von Gesprächsinhalten beteiligt sind, wie zum Beispiel den Vorgang des Sprechens und das Kommunizieren der Information. Der Kontext – in diesem Fall der Zuhörer – wird dadurch weniger aufmerksam verarbeitet. Der Zuhörer hingegen kann seine gesamte Aufmerksamkeit auf das Gesagte und die sprechende Person richten. Der Zuhörer sollte sich somit besser an die Quelle einer Information erinnern, als der Erzähler an sein Gegenüber.

Um diese Hypothese zu überprüfen, präsentierten Gopic und MacLeod ihren Versuchspersonen am Computer­bildschirm fünfzig verschiedene Fakten und fünfzig Gesichter von Prominenten. Eine Hälfte der Teilnehmenden sollte dabei die Zuhörerrolle einnehmen und sich vorstellen, dass die Prominenten ihnen jeweils die Fakten berichten würden. Die andere Hälfte hingegen sollte die Fakten laut vorlesen und sich dabei vorstellen, diese den prominenten Personen zu erzählen. Ein anschließender Gedächtnistest bestätigte die Vermutung der Forscher: Die Versuchspersonen in der Erzählerrolle hatten im Vergleich zu den Zuhörern ein deutlich schlechteres Erinnerungs­vermögen daran, welche Information mit welchem prominenten Gesicht zusammen präsentiert worden war. Sie hatten also Probleme, sich daran zu erinnern, wem sie welche Information „erzählt“ hatten.

Eine weitere Studie von Gopic und Macleod zeigt jedoch, dass dieses Gedächtnisdefizit mit einem einfachen Trick ausgeglichen werden kann. Demnach hilft es, den Namen des Gesprächs­partners laut auszusprechen, bevor man etwas erzählt. Denn dadurch wird die Aufmerksamkeit auf die zuhörende Person gerichtet, und die spätere Erinnerung an den Gesprächs­partner verbessert.

Damit gibt es eine ganz einfache Lösung für all diejenigen, die hin und wieder „kalten Kaffee“ erzählen: Man erwähnt den Namen des Gesprächs­partners vor der Erzählung laut und spricht den Zuhörenden mehrmals mit Namen an. Und vielleicht gelingt es sogar, die Erzählung auf den Zuhörenden zuzuschneiden. All das sollte dazu beitragen, dass Sie sich besser daran erinnern, wem Sie welche Geschichte schon aufgetischt haben.

Gopic, N. & MacLeod, C. M. (2009). Destination memory: Stop me if I’ve told you this before. Psychological Science, 20 (12), 1492-1499.

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