„Du verstehst mich einfach nicht!“

- Diana Rieger –

Das Gefühl, in Konfliktsituationen verstanden zu werden, führt zu mehr Beziehungs­zufriedenheit.

Warum fällt uns anhaltende Zufriedenheit in Beziehungen manchmal so schwer? Beststeller wie Michael Nasts neues Buch „Generation Beziehungs­un­fähig“ legen nahe, dass heutzutage immer weniger Menschen in der Lage sind, Langzeitbeziehungen zu ihrer Zufriedenheit zu führen. Nast erklärt im Buch, dass die heutige junge Generation einen stärkeren Drang nach Selbstverwirklichung hat. Vor allem in Konfliktsituationen wird weniger versucht, die Perspektive des Gegenübers zu verstehen. Dabei könnte das Verhalten in Konfliktsituationen entscheidend für Beziehungen sein.

Wir alle kennen Ursachen für Konflikte in Partnerschaften. Die Frage nach der Verteilung von Geld, wie viel Zeit man sich für einander nimmt, oder auch banale Dinge wie die Aufteilung von Hausarbeit etwa „Wer macht den Abwasch heute?“, können zu Streit in der Beziehung führen. Solche Konflikte können Beziehungen schaden, manchmal gar beenden.

Aber müssen Konflikte einer Beziehung immer schaden? Oder gibt es Situationen, in denen sie sich sogar positiv auswirken können? In einer Reihe von Studien sind zwei amerikanische Forscherinnen der Frage nachgegangen, ob Konflikte immer negative Aus­wirkungen auf Beziehungen haben müssen, oder ob zum Beispiel das Gefühl von Verständnis beim Gegenüber sogar zu einer positiven Wirkung von Konflikten führen könnte. Die Forscherinnen überlegten, dass das Gefühl, verstanden zu werden, bei Konflikten als Hinweis gedeutet werden kann, dass dem Partner / der Partnerin die Beziehung wichtig ist und deshalb mildernd wirken könnte.

Um die Frage zu untersuchen, haben sie verschiedene Studien durchgeführt und Paare in ihrem täglichen Leben jeweils kurz zu ihrer Beziehungs­zufriedenheit und Konflikten befragt. Sie interessierten sich dafür, wie häufig es zu Konflikten kommt, was die Hauptgründe für Streitereien sind und wie häufig sich die Personen bei Konflikten verstanden fühlen. Neben diesen Fragebogen­studien wurden aber auch Paare in ein Forschungs­labor eingeladen und gebeten, sich über ein häufiges Konfliktthema in ihrer Beziehung zu unterhalten. Diese Unterhaltungen wurden aufgezeichnet und ausgewertet und die Teilnehmenden zum wahrgenommenen Verständnis und ihrer Beziehungs­zufriedenheit befragt.

Die Ergebnisse dieser Studien zeigen, dass Konflikte in Partnerschaften nur dann mit einer geringeren Beziehungs­zufriedenheit einhergingen, wenn das Gegenüber als wenig verständnisvoll wahrgenommen wurde. Bei denjenigen Teilnehmenden, die ihr Gegenüber als verständnisvoll erlebten, hatten Konflikte hingegen keine negativen Aus­wirkungen auf die Beziehungs­zufriedenheit.

Die Studien legen nahe, dass das Gefühl von Verständnis die Beziehung stabilisieren und stärken kann, weil so deutlich wird, wie wichtig dem/der Partner/-in die Partnerschaft ist. Er bzw. sie kümmert sich und ist engagiert – und das wird gerade im Konflikt deutlich, einer Situation in der es ja schwieriger ist, Verständnis zu zeigen. Die Studien geben somit einen Hinweis darauf, dass es für eine Beziehung nicht automatisch schlimm sein muss, wenn Konflikte auftreten. Wichtig ist vielmehr, wie mit diesen Konflikten umgegangen wird. Mehr wahrgenommenes aber auch entgegengebrachtes Verständnis könnte dabei helfen, die negativen Aus­wirkungen von Streit zu reduzieren.

Gordon, A. M., & Chen, S. (2016). Do you get where I’m coming from? Perceived understanding buffers against the negative impact of conflict on relations­hip satisfaction. Journal of Personality and Social Psychology, 110 (2), 239–260. doi: 10.1037/pspi0000039

Redaktion und Ansprech­partnerIn*: Mariela Jaffé*, Judith Tonner

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