Effizienter lernen mit 3R

- Rainer Greifeneder –

Die 3R-Strategie (Read-Recite-Review) führt zu besseren Lernergebnissen und benötigt weniger Zeit als andere Lern­strategien.

Um den Inhalt eines Buchs oder Textes zu lernen, machen sich die meisten Notizen. Eine andere weit verbreitete Strategie ist, das Gelesene nochmals zu lesen. Beide Lern­strategien – Notizenmachen und wiederholtes Lesen – führen zu einem besseren Lernergebnis als nur einmaliges Lesen. Doch im Vergleich zur sogenannten 3R-Strategie (read-recite-review – lesen-abrufen-erneut durchsehen) schneiden beide schlechter ab, und zwar entweder bezüglich der Behaltensleistung oder in Hinblick auf die benötigte Lernzeit.

Förderlich für das Behalten eines gelesenen Textes ist zum einen die reine Wiederholung. Deswegen lohnt es sich, einen Text ein zweites Mal zu lesen. Förderlich ist außerdem, sich das Gelesene in Erinnerung zu rufen, denn der Prozess das Abrufens an sich festigt den Lerninhalt im Gedächtnis. Die 3R-Lern­strategie macht sich dieses Lernprinzip zunutze. Nach einer ersten Lektüre eines Textes (Read) versuchen die Lernenden, sich an möglichst viele Inhalte zu erinnern und diese wiederzugeben (Recite). Erst im Anschluss daran wird das Textmaterial ein zweites Mal durchgesehen (Review), mit besonderem Fokus auf die Wissenslücken, die beim Abrufen zutage traten. Gegenüber dem reinen wiederholten Lesen punktet die 3R-Strategie damit doppelt, da durch das Abrufen ein zusätzlicher Lerneffekt entsteht und man sich beim zweiten Lesen auf diejenigen Aspekte konzentrieren kann, die beim ersten Abruf nicht gewusst wurden. Theoretisch ist die 3R-Strategie daher dem einfachen wiederholten Lesen überlegen. Die Forscher Mark McDaniel, Daniel Howard und Gilles Einstein wollten wissen, ob dies auch praktisch der Fall ist.

Dafür wählten sie vier Texte aus und baten Studierende, diese entweder einmal und dann nochmals zu lesen, sich Notizen zu machen, oder die 3R-Strategie anzuwenden. Danach wurden mehrere Fragen zu den Texten gestellt, dar­unter offene Wissensfragen, Multiple-Choice-Fragen und Fragen, zu deren Beantwortung mehrere Teile des Gelesenen verknüpft werden mussten. Um zu prüfen, wie viel des Gelernten auch nach einem längeren Zeitraum zur Verfügung steht, wurden die Teilnehmenden eine Woche später gebeten, die gleichen Fragen erneut zu beantworten.

Die Ergebnisse zeigen, dass die 3R-Strategie dem wiederholten Lesen bei allen Fragetypen überlegen ist – sowohl direkt im Anschluss an das Lernen als auch eine Woche später. Dies gilt besonders, wenn es sich um komplexe Texte handelt. Bei einfachen Texten schneidet die 3R-Strategie gegenüber den anderen Lern­strategien nur bei den offenen Wissensfragen besser ab. Interessanterweise führte das Notizenmachen nur bei den offenen Fragen zu schlechteren Ergebnissen als die 3R-Strategie. Dies könnte daran liegen, dass beim Notizenmachen ein weiteres Lernprinzip zum Tragen kommt, das bei 3R nicht greift: das eigene Nachdenken und Verarbeiten des Gelesenen. 

Insgesamt sind 3R und Notizenmachen beide der Strategie des wiederholten Lesens überlegen. Da die Teilnehmenden der Studie jedoch für 3R weniger Zeit als für Notizenmachen benötigten, empfehlen die Forscher 3R als Lern­strategie. Wer das Mehr an Zeit jedoch nicht scheut oder mit dem Notizenmachen besser zurecht kommt, ist sicher auch mit dieser Strategie gut beraten.

McDaniel, M. A., Howard, D. C. & Einstein, G. O. (2009). The Read-Recite-Review Study Strategy. Psychological Science, 20(4), 516–522.

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