Einmal Falten weg, bitte!

- Elena Postpischil –

Eine Verjüngungs­kur durch Botox lähmt nicht nur Falten, sondern verlangsamt auch das emotionale Sprachverständnis.

Wer denkt, es sei nur in den USA so, dass man sich vor dem Mittagessen schnell mal eine Anti-Falten-Spritze geben lässt, liegt falsch. Nach dem Motto „Einmal Falten weg, bitte!“ stieg in Deutschland im Jahr 2009 die Anzahl der Anti-Falten-Behandlungen mit Füllsubstanzen und Botox innerhalb nur eines Jahres um ganze 50 %*. Auch hierzulande wird bereits mit Botox-Flatrates geworben, bei denen man sich das vermeintliche Wundermittel für einen geringen monatlichen Betrag immer wieder spritzen lassen kann. Dass diese Verjüngungs­kur jedoch auch ungeahnte Neben­wirkungen hat, zeigt das Forschungs­team um David A. Havas.

Die Wissenschaft­ler führten eine Studie mit 40 Frauen durch, die sich in einer Klinik zum ersten Mal einer Botox-Behandlung am Stirnmuskel unterzogen. Bei einer solchen Behandlung wird das Nervengift Botulinumtoxin (kurz Botox) in den Muskel zum Stirnrunzeln gespritzt, um dort die Nervenimpulse zu blockieren. Durch die hervorgerufene Muskelentspannung glätten sich nach zwei bis drei Tagen die Falten. Die Wirkung hält, je nach injizierter Menge, einige Monate an.

In ihrer Studie ließen Havas und Kollegen die Frauen zu zwei Zeitpunkten – einmal kurz vor und einmal zwei Wochen nach ihrer Botox-Behandlung – jeweils 20 ärgerliche, fröhliche und traurige Sätze lesen. Sobald sie den jeweiligen Satz verstanden hatten, sollten sie eine Taste drücken, womit gemessen wurde, wie lange die Frauen für das Verstehen des jeweiligen Satzes benötigten. Nach jedem Satz sollten die Frauen außerdem eine Verständnisfrage beantworten. So wurden sie zum Beispiel im Anschluss an den traurigen Satz „Du verabschiedest dich lange von deinem Freund, von dem du dich für immer trennen musst“ gefragt: „Wirst du deinen Freund wieder sehen?“ Die Fragen waren immer mit „ja“ oder „nein“ zu beantworten.

Der Vergleich des ersten und zweiten Tests brachte folgendes Ergebnis: Die Frauen konnten zwar zwei Wochen nach ihrer Botox-Behandlung die Sätze noch genauso gut verstehen wie vor der Behandlung, das heißt sie beantworteten die Verständnisfragen genauso oft richtig. Jedoch brauchten sie länger, um traurige und ärgerliche Sätze zu verstehen. Eine Erklärung hierfür ist, dass man beim Lesen emotionaler Sätze automatisch einen Gesichtsausdruck macht, der die entsprechende Emotion widerspiegelt. Da aber durch das Botox der Gesichtsmuskel blockiert war, mit dem negative Emotionen ausgedrückt werden, waren derartige automatische Muskelbewegungen nicht möglich. Und dadurch verlangsamte sich das emotionale Sprachverständnis. Die Gesichtsmuskeln zum Ausdrücken positiver Emotionen waren bei den Teilnehmerinnen nicht blockiert, weshalb sie die fröhlichen Sätze nach ihrer Botox-Behandlung genauso schnell wie davor verstehen konnten.

Auch wenn einen der derzeitige Botox-Boom glauben lassen könnte, es handle sich dabei um eine harmlose Verjüngungs­kur, zeigt diese Studie, dass Botox nicht nur Falten, sondern auch das emotionale Sprachverständnis verringert. Dies kann sich negativ im täglichen Miteinander auswirken – zum Beispiel, wenn man die Gefühle seines Gegenübers erst später als normalerweise erkennt.

* laut der Gesellschaft für ästhetische Chirurgie Deutschland e.V.

Havas, D. A., Glenberg, A. M., Gutowski, K. A., Lucarelli, M. J., Davidson, R. J. (2010). Cosmetic use of botulinum toxin-A affects processing of emotional language. Psychological Science, 21(7), 895–900.

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