Elternschaft – ein Pseudoglück?

- Stefan Pfattheicher –

Warum der Glücksgewinn durch Kinder häufig überschätzt wird.

Kinder kosten zwar viel Geld, machen aber Freude und erfüllen das Leben. Davon sind viele Menschen überzeugt. Aber ist man mit Kindern tatsächlich glücklicher also ohne Kinder? Rachel Margolis und Mikko Myrskylä vom Rostocker Max-Planck-Institut für demographische Forschung bestreiten dies. Sie haben Daten von 200.000 Personen aus der ganzen Welt ausgewertet, die zeigen, dass junge Eltern bis zu einem Alter von 40 durchschnittlich un­zufriedener mit ihrem Leben sind als ihre Altersgenossen ohne Kinder.

Wie kommt es aber dennoch zu dem Glauben, dass Kinder zufriedener machen? Dieser Frage haben sich zwei Psychologen von der Universität im kanadischen Waterloo angenommen. Richard Eibach und Steven Mock argumentieren, dass durch Kinder hervorgerufene Un­zufriedenheit im Widerspruch zu den finanz­iellen Kosten stehe, die durch Kinder entstehen. Was kostspielig ist, darf eben nicht un­zufrieden machen. Da Kinder aber kostspielig sind und zugleich Un­zufriedenheit hervorrufen können, wird ein innerer Spannungs­zustand erzeugt. Eltern sind dann bestrebt diesen inneren Spannungs­zustand aufzulösen. Das funktioniert, indem sie sich die Situation schönreden: Sie idealisieren ihre Elternschaft und glauben einfach daran, dass Kinder doch zufrieden machen.

Genau das zeigten die Forscher in einem Experiment mit achtzig Eltern. Eine Hälfte der Teilnehmenden bekam einen Text über die hohen finanz­iellen Kosten der Kindererziehung zu lesen. Die andere Hälfte las den gleichen Text, bekam aber zusätzlich die positive Information, dass Kinder im Alter eine hilfreiche Stütze sein können. Die Teilnehmenden, welche nur den Text über die hohen Kosten gelesen hatten, berichteten in einem höheren Maße einen inneren Spannungs­zustand als die Teilnehmenden, welche zusätzlich die positive Information erhalten hatten. Interessanterweise waren aber die Teilnehmenden ohne die positive Information später stärker davon überzeugt, dass Kinder Zufriedenheit schaffen, als die Teilnehmenden, welche zusätzlich die positive Information über Kinder gelesen hatten. Danach wiesen die Teilnehmenden ohne die positive Information auch keinen erhöhten Spannungs­zustand mehr auf. Dieser konnte also dadurch abgebaut werden, dass die Teilnehmenden ihre Elternschaft idealisierten: Sie redeten sich ein, dass Kinder zufrieden machen.

Für un­zufriedene junge Eltern besteht aber Hoffnung: Wie die Rostocker Forscher vom Max-Planck-Institut zeigen, sind Eltern ab einem Alter von 40 Jahren zufriedener mit ihrem Leben als kinderlos gebliebene. Im Alter braucht man sich also nichts mehr schönzureden, sondern kann schließlich doch noch das erhoffte Kinderglück genießen.

Eibach, R., & Mock, S. (2011). Idealizing Parenthood to Rationalize Parental Investments. Psychological Science, 22(2), 203–208.

Margolis, R., & Myrskylä, M. (2010). A global Perspective on Happiness and Fertility. Population and Development Review, 37(1), 29–56.

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