Facebook – Ein Kompensations­mittel für einsame Menschen?

- Kathrin Eck –

Soziale Isoliertheit führt zu einer vermehrten Nutzung von Facebook, da Facebook ein Gefühl sozialer Zugehörigkeit vermittelt.

Facebook ist allgegenwärtig. Im Mai 2011 waren weltweit fast 700 Millionen Facebook-Mitglieder zu verzeichnen. „Über Facebook bleibe ich mit alten Freunden in Kontakt und lerne neue Leute kennen“ antworten viele, wenn sie nach dem Grund ihrer Mitgliedschaft gefragt werden. Ist Facebook also das neue Medium, mit dem wir uns sozial vernetzen und unser Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit stillen?

Dies könnte man meinen. Allerdings zeigt eine aktuelle Studie der Forscher Kennon M. Sheldon, Neetu Abad und Christian Hinsch, dass eine starke Nutzung von Facebook nicht nur mit einem höheren Gefühl sozialer Zugehörigkeit, sondern auch mit einem stärkeren Gefühl sozialer Isoliertheit zusammenhängt. Dies mag paradox erscheinen, würde man doch erwarten, dass ein starkes Zugehörigkeits­gefühl mit einem geringen – und nicht mit einem starken – Gefühl sozialer Isoliertheit einhergeht. Wie kann man diese Befunde also erklären?

Die Forscher vermuteten zum einen, dass eine häufigere Nutzung von Facebook dazu führt, dass man sich stärker sozial eingebunden fühlt. Zum anderen nahmen sie an, dass Menschen, denen sozialer Anschluss fehlt, vermehrt Facebook nutzen. Ihre Annahmen überprüften die Forscher in einer Studie mit Facebook-Mitgliedern. Zu Beginn der Studie wurden die Teilnehmenden nach ihrem Gefühl sozialer Zugehörigkeit und ihrem Gefühl sozialer Isoliertheit gefragt und sollten angeben, wie oft sie Facebook nutzen. Nach 48 Stunden, in denen die Teilnehmenden Facebook nicht besuchen durften, wurden sie erneut nach ihrem Gefühl sozialer Zugehörigkeit und sozialer Isoliertheit gefragt. Nach weiteren 48 Stunden, in denen die Teilnehmenden Facebook wieder wie gewohnt nutzen durften, wurde erfasst, wie oft sie sich in dieser Zeit bei Facebook angemeldet hatten.

Es zeigte sich, dass das Gefühl sozialer Zugehörigkeit während des Facebook-Nutzungs­verbots sank, wohingegen das Gefühl sozialer Isoliertheit unbeeinflusst blieb. Außerdem ging ein gesteigertes Gefühl sozialer Isoliertheit während des Nutzungs­verbots von Facebook mit einer erhöhten Nutzung von Facebook in den darauffolgenden 48 Stunden einher. Die Studie stützt also die Annahmen, dass zum einen soziale Isoliertheit zu einer häufigeren Nutzung von Facebook führt und dass zum anderen Facebook ein Gefühl sozialer Zugehörigkeit vermittelt.

Anders als wie so oft vermutet scheint soziale Isoliertheit also nicht aus einer Flucht in virtuelle Welten zu resultieren. Vielmehr suchen bereits einsame Menschen diese auf. Doch sind solche Strategien effektiv? Facebook führt zu einem Gefühl sozialer Zugehörigkeit. Es senkt aber nicht das Gefühl der Isoliertheit. Einsame Menschen mögen zwar vorrübergehend positive Gefühle erfahren, wenn sie Facebook verstärkt nutzen, jedoch hält es sie gleichzeitig davon ab reale soziale Beziehungen aufzubauen. Die Studie von Sheldon und Kollegen liefert einerseits eine mögliche Erklärung für die boomende Popularität von sozialen Online-Netzwerken. Sie weist andererseits aber auch daraufhin, dass soziale Online-Netzwerke nicht dazu geeignet sind reale soziale Beziehungen zu ersetzen.

Sheldon, K. M., Abad, N., & Hinsch, C. (2011). A two-process view of facebook use and relatedness need-satisfaction: disconnection drives use, and connection rewards it. Journal of Personality and Social Psychology, 100(4), 766–775.

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