Fälschung tragen = falsch verhalten?

- Katharina Zimmer –

Personen, die gefälschte Produkte tragen, verhalten sich tendenziell unehrlicher.

Wir werden täglich mit einer Vielzahl an Markenprodukten konfrontiert – so trinken wir Coca Cola, tragen Adidas-Schuhe oder telefonieren mit unserem iPhone von Apple. Aber nicht immer kann man sich Markenprodukte leisten und so greifen manche von uns zu gefälschten Produkten. Diese sollen anderen positive Eigenschaften signalisieren und zeigen, dass wir dazugehören. Aber auch wenn man anderen damit etwas vormachen kann – sich selbst täuscht man meist nicht. Dass dieses Wissen darum, dass man „nur so tut als ob“ einen überraschenden Einfluss auf unser Verhalten haben kann, zeigt nun eine Reihe von Experimenten des Forscherteams um Francesca Gino.

Die ForscherInnen baten 85 Studentinnen an einer Studie teilzunehmen, bei der es angeblich um die Bewertung von Sonnenbrillen ging. Nachdem die jungen Frauen zunächst eine Reihe von Produkten am Computer beurteilt hatten, wurde der Hälfte von ihnen mitgeteilt, dass sie laut ihrer Antworten eine Präferenz für gefälschte Produkte hätten.  Sie wurden dann gebeten weitere Aufgaben zu bearbeiten und währenddessen eine Sonnenbrille zu tragen, die ihnen als „gefälschtes Markenprodukt“ präsentiert wurde. Der anderen Hälfte der Studentinnen wurde zurückgemeldet, dass aus ihren Antworten eine Präferenz für authentische Waren hervorginge. Sie sollten daher bei der Bearbeitung der weiteren Aufgaben eine „echte“ Marken-Sonnenbrille tragen. Tatsächlich erfolgte diese Rückmeldung unabhängig von den Antworten der Frauen. Zudem handelte es sich in beiden Fällen um Brillen eines Luxusherstellers im Wert von je ca. 300 Dollar.

Die Teilnehmerinnen trugen die Sonnenbrillen unter anderem während sie eine Reihe von Mathematikaufgaben lösten. Im Anschluss sollten sie selbst die Richtigkeit ihrer Lösungen überprüfen. Für jede richtige Antwort wurden ihnen 50 Cent angekündigt, so dass es verlockend war, bei der eigenen Leistung zu schwindeln. Ohne dass dies den Versuchspersonen bewusst war, konnten die ForscherInnen jedoch überprüfen, wer bei der Angabe seiner Lösungen schummelte. In beiden Gruppen wurden etwa gleich viele Aufgaben tatsächlich richtig gelöst. Während jedoch nur 30% der Teilnehmerinnen, die die „echten“ Sonnenbrillen trugen, ihre Leistung „aufbesserten“, waren es in der Gruppe mit den „gefälschten“ Sonnenbrillen 71%.

Wie können diese Unterschiede erklärt werden? Das Forscherteam um Gino zeigte in weiteren Experimenten, dass die Versuchspersonen sich durch das Tragen gefälschter Ware selbst nicht länger authentisch fühlten. Dieses Gefühl, selbst nicht wahrhaftig zu sein wiederum führte dazu, dass sich die Frauen allgemein eher unethisch verhielten.

Da die Experimente von Gino und KollegInnen allerdings nur mit jungen Frauen durchgeführt wurden, bleibt zu untersuchen, ob das Tragen von Fälschungen auch bei Männern und älteren Menschen denselben Effekt hat. Es wäre zum Beispiel denkbar, dass diese sich weniger stark über Marken definieren und ein geringeres Bedürfnis danach haben, aufgrund von Markenprodukten akzeptiert zu werden. Dennoch könnten Fälschungen, die doch scheinbar billiger sind als das Original, ungeahnte Kosten für unsere Ehrlichkeit und unser ethisches Verhalten mit sich bringen.

Gino, F., Norton, M. I., & Ariely, D. (2010). The co­unterfeit self: The deceptive costs of faking it. Psychological Science, 21(5), 712–720.

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