Gehst du in meine Richtung?

- Steven Knebel –

Wir bewerten andere Personen positiver, wenn sie in dieselbe Richtung gehen wie wir.

Sie planen umzuziehen – vielleicht nach Mannheim – ziehen jedoch dem Zentrum einen ruhigen Vorort vor. Etwa die Hälfte aller Deutschen arbeitet nicht in der Stadt, in der sie wohnt. In Familien arbeiten immer häufiger beide Elternteile. Bei einem Wohnortwechsel stellt sich also auch die Frage nach dem bestmöglichen Arbeits­weg für alle Beteiligten. Aber hätten Sie der Himmelsrichtung irgendein Gewicht bei Ihrer Entscheidung beigemessen?

Forschungs­teams aus den USA und China haben sich der Frage gewidmet, in welchem Zusammenhang die Richtung des Arbeits­weges und die Zufriedenheit in der Beziehung stehen. Sie befragten Passanten auf der Straße oder Studien­teilnehmende im Internet, wie zufrieden sie in ihrer aktuellen Beziehung seien. Außerdem sollten die Teilnehmenden angeben, in welche Richtung sich ihr eigener Arbeits­weg sowie der ihres Partners bzw. ihrer Partnerin befand. Zuletzt sollten sie noch schätzen, welchen Anteil der Strecke sie gemeinsam zurücklegen und zu welchen Zeiten beide jeweils das Haus verlassen.

Es zeigte sich, dass eine gemeinsame Richtung auf dem Arbeits­weg mit einer höheren Beziehungs­zufriedenheit einherging. Dabei spielte es keine Rolle, ob ein Paar das Haus normalerweise zur gleichen Zeit verlässt oder ob der Arbeits­weg identisch ist. Sind Paare mit einer ähnlichen Richtung auf dem Arbeits­weg also zufriedener in der Beziehung? Oder ist das Ergebnis vielmehr so zu deuten, dass Un­zufriedene einen Wohnort anstreben, der einen größtmöglichen Abstand der Liierten bei der Arbeit ermöglicht? Vielleicht arbeiten gerade die Paare, die in die gleiche Richtung pendeln müssen, auch im selben Stadtteil und die Umgebung ist für die höhere Zufriedenheit verantwortlich. Um zu testen, ob tatsächlich alleine die gemeinsame Richtung ausschlaggebend ist, wurde ein Laborexperiment durchgeführt.

Studierende der Chinesischen Universität Hong Kong wurden zufällig in Paare aufgeteilt, die angeblich später noch eine Diskussion führen sollten. Unter einem Vorwand sollten dann beide wiederholt in einen anderen Raum gehen und dort einige Male eine Hantel heben. Dabei wurde variiert, ob beide in einen Raum gehen, der in der gleichen oder in der entgegengesetzten Richtung lag. Nach der Trainingseinlage der Teilnehmenden wurden sie befragt, wie angenehm sie sich das bevorstehende Diskussionsgespräch vorstellten und wie sie die andere Person persönlich bewerteten – wohlbemerkt ohne bisher mit ihr gesprochen zu haben. Tatsächlich konnte das Muster der Befragungen erneut gefunden werden: Wenn beide Personen sich in dieselbe Richtung im Flur bewegt hatten, waren die Einschätzungen deutlich positiver als bei verschiedenen Richtungen und dies unabhängig davon, ob es sich um dasselbe Teilstück des Flurs handelte oder nicht.

Sollten Sie in Kürze umziehen und der Arbeits­platz Ihres Partners bzw. Ihrer Partnerin befände sich dann in einer anderen Richtung als der Ihre, verzweifeln Sie bitte nicht. Auch noch so überzeugten Wissenschaft­lerInnen käme nicht in den Sinn, direkt von dynamischen, in chinesischen Fluren spazierenden Studierenden auf Ihre europäische Ehe zu schließen! Und doch: Gelegentlich einen gemeinsamen Kurs einzuschlagen wird bestimmt nicht schaden.

Huang, X. I., Dong, P., Dai, X., & Wyer, R. S., Jr. (2012). Going my way? The benefits of travelling in the same direction. Journal of Experimental Social Psychology, 48, 978–981.

Stolz, M. (28.03.2012). Retrieved 16.08., 2012, from http://www.zeit.de/2012/14/Deutschlandkarte-Pendler

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