Gut gelaunt nach Schema F

- Bianca von Wurzbach –

Personen in positiver Stimmung bewerten die Vertrauenswürdigkeit anderer stärker anhand von Gesichtsmerkmalen als Personen in neutraler Stimmung.

 

Vermutlich kennen Sie diese Situation: Sie sind auf einer Party und werden einer fremden Person vorgestellt. Sehr schnell entwickeln Sie ein Gefühl dafür, ob Sie diese als vertrauenswürdig einschätzen oder nicht. Vielleicht konnten Sie auch schon bei sich beobachten, dass oft die Gesichtsmerkmale Ihres Gegenübers, wie die Form der Augen, Ihre Einschätzung beeinflussen, da diese die Person „irgendwie (nicht) vertrauenswürdig“ aussehen lassen. Doch basiert unsere Bewertung der Vertrauenswürdigkeit eines Menschen immer auf dieser Art Schubladendenken, oder achten wir manchmal auch auf andere Merkmale wie zum Beispiel das Verhalten der Person? Und woran macht sich fest, was in einer bestimmten Situation mehr Einfluss hat?

Mit diesen Fragen beschäftige sich Robert B. Lount von der Ohio State University. Er nahm an, dass unsere Stimmung beeinflusst, wie stark wir unsere Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit einer Person auf deren Gesichtszüge stützen. Diese Hypothese basiert auf einem Model, das unter anderem von Herbert Bless und Klaus Fiedler der Universitäten Mannheim und Heidelberg entwickelt wurde. Das Model besagt, dass wir unsere Stimmung heranziehen, um unsere Umwelt einzuschätzen: Gute Stimmung werten wir als Anzeichen dafür, dass unser Umfeld un­problematisch ist. Wir verlassen uns deshalb auf Schemata, also vorgefertigte Wissensstrukturen, die wir beispielsweise durch Erfahrung erworben haben und die unsere Erwartungen steuern. So denken wir bei einer Person mit großen, runden Augen zum Beispiel an „unschuldig“ und „vertrauenswürdig“. Sind wir hingegen nicht in positiver Stimmung, sehen wir das als Hinweis auf mögliche Probleme, verlassen uns weniger auf Schemata und achten stärker auf individuelle Unterschiede. Lount nahm an, dass wir uns auch bei der Einschätzung über die Vertrauenswürdigkeit anderer in positiver Stimmung stärker auf Schemadenken verlassen als in nicht positiver Stimmung.

Um dies zu prüfen, versetzte der Forscher Studierende in gute oder neutrale Stimmung: Sie sollten entweder ein Ereignis, welches sie fröhlich gestimmt hatte, oder Aktivitäten an einem gewöhnlichen Tag beschreiben. Anschließend bewerteten die Teilnehmenden die Vertrauenswürdigkeit eines computer­generierten Gesichtes. Dieses besaß entweder Merkmale, die man typischerweise mit Vertrauenswürdigkeit verbindet (wie große Augen und ein rundes Gesicht) oder aber Merkmale, die man eher mit Misstrauen verknüpft (wie engstehende Augen und ein schmales Gesicht).

Die Ergebnisse zeigen, dass Personen in positiver Stimmung Gesichter mit vertrauensstiftenden Merkmalen als vertrauenswürdiger einstuften als Personen in neutraler Stimmung. Gesichter mit misstrauensstiftenden Merkmalen schätzten Personen in positiver Stimmung dagegen als weniger vertrauenswürdig ein als Personen in neutraler Stimmung. Dies unterstützt die Annahme, dass sich Menschen bei der Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit einer Person in positiver Stimmung eher auf Schemata verlassen als in neutraler Stimmung. Ob Sie eine fremde Person auf einer Party als vertrauenswürdig einschätzen oder nicht, hängt also nicht nur von deren Gesichtszügen ab, sondern auch von Ihrer persönlichen Stimmungs­lage.


Bless, H., & Fiedler, K. (1995). Affective states and the influence of activated general knowledge. Personality and Social Psychology Bulletin, 21, 766–778.

Bless, H., & Fiedler, K. (2006). Mood and the regulation of information processing and behavior. In J. Forgas (Ed.). Affect in social thinking and behavior (pp. 65–84). New York, NY: Taylor & Francis.

Lount, R. B., Jr. (2010). The impact of positive mood on trust in interpersonal and intergroup interactions. Journal of Personality and Social Psychology, 98, 420–433.

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