High Heels oder Tanzkurs?

- Melanie Ohme –

Erlebniskäufe sind stärker mit dem Selbst verbunden und führen zu größerer Zufriedenheit als materielle Käufe.

Es ist kein Geheimnis, dass viele Menschen ihre Persönlichkeit durch allgemein sichtbare Anschaffungen nach außen transportieren. Eine Rolex steht zum Beispiel für Reichtum und Luxus, wohingegen ein Rennrad eher auf den Wunsch nach Freiheit und Abenteuerlust schließen lässt. Auch kann oftmals anhand der Kleidung eine Menge über den Charakter – also das Selbst – eines Menschen ausgesagt werden. Zerrissene Jeans, High Heels oder Springerstiefel dienen nicht nur der bloßen Bekleidung, sondern auch der Sichtbarmachung der eigenen Einstellung und des Selbstbildes.

Bei den soeben beschriebenen Beispielen handelt es sich um materielle Gegenstände, die käuflich erworben werden können. Travis Carter und Thomas Gilovich interessierten sich jedoch dafür, inwiefern Erlebniskäufe wie Reisen, Kinobesuche und Tanzkurse mit unserem Selbst zusammenhängen und ob es diesbezüglich Unterschiede zwischen materiellen Käufen und Erlebniskäufen gibt. Dazu führten sie eine Studie durch, in der sie die Teilnehmenden zunächst darum baten, je fünf eigene materielle Käufe und Erlebniskäufe mit ihrem Preis zu nennen und zu beschreiben. Anschließend sollte die eigene Lebens­geschichte mittels Verwendung einiger der vorher genannten Käufe dargestellt werden. Es zeigte sich, dass dafür häufiger die Erlebniskäufe als die materiellen Käufe benutzt wurden, was auf eine größere Bedeutung von Erlebnissen für das Selbst hindeutet. In einer weiteren Studie gaben die Teilnehmenden an, dass ein Fremder eher anhand ihrer Erlebniskäufe anstatt ihrer materiellen Käufe auf ihr Selbst schließen könne. Auch dieser Befund spricht dafür, dass Erfahrungen stärker mit dem Selbst in Verbindung gebracht werden als der Besitz von Dingen.

Des Weiteren gaben die Teilnehmenden im Durchschnitt eine größere Zufriedenheit mit ihren Erlebniskäufen an als mit den materiellen Käufen, wenn beides ähnlich viel gekostet hatte. Das lässt sich vermutlich sowohl auf die stärkere Verbundenheit zwischen Selbst und Erfahrungen als auch auf die menschliche Tendenz, Erinnerungen zu beschönigen, zurückführen: Da Erlebnisse stärker als materielle Dinge mit dem Selbst verbunden zu sein scheinen, tritt die Neigung Erinnerungen schönzufärben, um ein positives Selbstbild zu erhalten, hier oftmals stärker auf.
Zudem handelt es sich bei Erlebnissen meist um mehrdeutige Ereignisse, die aus Selbstschutz im Nachhinein oft positiver bewertet werden können, als sie es in der Realität waren. Bei einem verregneten Urlaub kann später zum Beispiel der dadurch gewonnene Familienzusammenhalt betont werden, wohingegen bei einem kaputten Laptop nur schwer positive Aspekte gefunden werden können.

Die Ergebnisse der Studien zeigen, dass häufig nicht nur materielle Anschaffungen, sondern vor allem nicht-materielle Erlebnisse Aufschluss über uns und unsere Persönlichkeit geben. Die Studien verdeutlichen auch, dass Erlebniskäufe in einer höheren Zufriedenheit als materielle Käufe resultieren können, da sie stärker mit dem Selbst verbunden und in der Erinnerung leichter zu beschönigen sind. Es ist also durchaus sinnvoll nicht nur in teure Autos und neue technische Geräte, sondern vor allem in einmalige Erlebnisse zu investieren.

Carter, T. J., & Gilovich, T. (2012). I am what I do, not what I have: The differential centrality of experiential and material purchases to the self. Journal of Personality and Social Psychology, 102(6), 1304–1317.

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