I feel so blue, also gib mir Blues!

- Viola Lenhart –

Unsere Stimmung hat einen Einfluss darauf, welche Musik wir bevorzugen und wie wir sie interpretieren.

Ob die bedrohliche Filmmusik in Thrillern, die sinfonische Monumental-Musik bei heroischen Schlachten in Blockbustern oder die schwulstigen Lieder in filmischen Liebesszenen – Musik wird auf verschiedene Weise benutzt, um unsere Stimmung zu beeinflussen. Lieder, die uns im Alltag zum Beispiel beim Autofahren, Einkaufen, im Restaurant und beim Fernsehen ständig begleiten, können unsere Laune ganz plötzlich heben oder uns auf einen Schlag traurig machen.

Patrick H­unter, Glenn Schellenberg und Andrew Griffith von der Universität Toronto untersuchten nun, inwiefern umgekehrt unser Stimmungs­zustand einen Einfluss darauf hat, welche Musik wir bevorzugen und wie wir sie wahrnehmen, also interpretieren. Vorherige Studien zeigten, dass Personen durchschnittlich eher fröhliche Musik favorisieren. Die Forscher vermuteten jedoch, dass dieser Effekt verschwindet, wenn sich Menschen in schlechter Stimmung befinden. Hiernach sollten niedergeschlagene Personen also sowohl fröhliche als auch traurige Musik gerne hören. Es wurde außerdem angenommen, dass die Interpretation eines „neutralen“- das heißt weder besonders traurigen noch fröhlichen – Liedes von der Gefühlslage der Hörenden abhängt. Traurige Personen sollten demnach neutrale Songs als melancholischer empfinden als Personen in anderer Stimmung.

Um ihre Hypothesen zu testen, führten die Forscher zwei Studien durch. Zunächst wurde in beiden Studien entweder eine positive, negative oder eine neutrale Stimmung bei den Studierenden erzeugt, indem sie eines von sechs emotions­auslösenden Bildern näher beschreiben sollten. Im ersten Experiment hörten die Studierenden nach der Stimmungs­induktion sowohl drei traurige als auch drei fröhliche Hörbeispiele aus kommerziellen Liedern verschiedener Musikrichtungen. Im zweiten Experiment bekamen sie demgegenüber lediglich zwei neutrale Lieder zu hören. Anschließend sollten die Teilnehmenden für jedes Lied bewerten, wie gut es ihnen gefiel und ob es sich eher um ein trauriges oder fröhliches Lied handelte.

Die Ergebnisse weisen tatsächlich darauf hin, dass sich unsere Stimmung auf die Präferenz und Interpretation von Musik auswirkt. So zeigte sich, dass Personen in neutraler oder positiver Stimmung fröhliche Musik bevorzugten, während Personen in trauriger Stimmung keine Präferenzen bezüglich des Musiktyps aufwiesen. Des Weiteren beeinflusste negative Stimmung die Interpretation der Musik dahingehend, dass neutrale Musik als trauriger bewertet wurde.

Es ist also durchaus möglich, dass Sie, wenn Sie demnächst in melancholischer Stimmung einen romantischen Liebesfilm sehen, dessen traurigste Schnulzen mehr genießen und den Soundtrack als bedrückender empfinden, als wenn Sie fröhlich und gut gelaunt sind.


H­unter, G. P., Schellenberg, E. G., & Griffith, A. T. (2011). Misery loves company: Mood-congruent emotional responding to music. Emotion, 11, 1068-1072.

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