Ich habe die Macht! Mehr für mich!

- Martin Krentz –

Die persönlich empfundene Machtstellung beeinflusst, ob wir als Konsumenten mehr Güter für uns selbst oder für andere erwerben.

Stellen Sie sich bitte folgende Situation vor: Sie gehen in einen Süßwarenladen, um Schokolade zu kaufen. Wäre bei Ihrer Entscheidung, wie viel Schokolade Sie aus dem Laden mitnehmen, bedeutend, ob Sie die Süßware für sich oder andere kaufen? Oder anders gefragt: Welche Faktoren beeinflussen, ob Sie mehr oder weniger Schokolade für sich oder Ihre Freunde erwerben?

Das Forschungs­team um Derek D. Rucker vermutete, dass die empfundene Machtposition einen Einfluss auf das Kauf­verhalten für einen selbst oder andere Personen hat. Die Machtempfindung stellt eine grundlegende Form der Hierarchie zwischen sich und anderen dar. Viel Macht führt dabei häufig zu einem stärkeren Selbstfokus als wenig Macht. Das Forschungs­team nahm nun an, dass ein größerer Selbstfokus zu einer größeren Wertschätzung des Selbst und einer geringeren Wertschätzung anderer führt, was sich in stärkeren Ausgaben für die eigene Person widerspiegeln sollte. Wenig Macht auf der anderen Seite führt oftmals zu einer verstärkten Wahrnehmung der Abhängigkeit von anderen, was in stärkeren Ausgaben für andere resultiert, so die weitere Vermutung.

Diese Erwartungen wurden experimentell untersucht: Hierzu wurde bei den Teilnehmenden ein geringes oder hohes Machtempfinden erzeugt. Im Anschluss daran sollten sie entweder für sich oder für eine andere Person Süßigkeiten kaufen, wobei die Kosten für diese Süßigkeiten von ihrer versprochenen Teilnahmebelohnung abgezogen wurden. Es zeigte sich, dass die „machtlosen“ Teilnehmenden mehr Süßigkeiten kauften, wenn diese anschließend an eine andere Person verteilt wurden, während die „machtvollen“ Teilnehmenden mehr Süßigkeiten erwarben, wenn diese für den eigenen Genuss bestimmt waren. Macht scheint also tatsächlich dazu zu führen, selbstfokussierter zu handeln, während Machtlosigkeit den umgekehrten Effekt zur Folge hat. Weitere Untersuchungen der Forschungs­gruppe unterstützten diese Annahmen. Doch bedeutet dies auch, dass machtvolle Personen keine Freude am Schenken empfinden können, wie z.B. der reiche und verbitterte Ebenezer Scrooge in „A Christmas Carol“ von Charles Dickens, der alleine das Weihnachtsfest verbringt, weil er nicht in der Lage ist, Freude an Gaben für andere zu empfinden?

Dies scheint nicht der Fall zu sein: Die beiden untersuchten Gruppen zeigten kaum einen Unterschied in ihrer Glücksempfindung, nachdem sie eine andere Person beschenkt hatten. Macht kann demnach dazu führen, dass Menschen lieber Geld für sich als für andere ausgeben, auch wenn sie sich dadurch ein gesteigertes Glücksgefühl entgehen lassen.

Wenn Sie also das nächste Mal in einen Süßwarenladen gehen, wird ihre empfundene Machtposition vermutlich einen Einfluss darauf haben, wen Sie stärker bei Ihrem Schokoladenkauf im Fokus haben – sich oder Ihre FreundInnen. Da die empfundene Machtposition jedoch stark vom jeweiligen Kontext abhängt, kann die Wahl von Tag zu Tag unterschiedlich ausfallen, was mal Ihnen, mal Ihren Freunden die süßen Freuden des Lebens näher zu bringen vermag.

Rucker, D. D., Dubois, D., & Galinsky, A. D. (2011). Generous paupers and stingy prices: Power drives consumer spending on self versus others. The Journal of Consumer Research, 37, 1015-1029.

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