Lieber planlos als verplant?

- Max Vetter –

Feste Pläne können das Erreichen eines Ziels erschweren, wenn unerwartete Hindernisse auftauchen.

„Ja, mach nur einen Plan / sei nur ein großes Licht /und mach dann noch 'nen zweiten Plan / gehn tun sie beide nicht.“ So kritisch betrachtete Bertolt Brecht in der Dreigroschenoper das Planen – zu Recht oder Unrecht?

Wir alle machen Pläne: Arbeits­pläne helfen uns, die nötigen Arbeiten in der vorhandenen Zeit unterzubringen, Einkaufszettel sind Pläne, die Verwirrung im Super­markt vorbeugen sollen und Urlaubspläne führen hoffentlich zu erholsamen Ferien. In den meisten Fällen unterstützen uns diese Pläne, ein Ziel zu erreichen. Das abstrakte Fernziel Urlaub wird durch konkrete Schritte wie „Besuch im Reisebüro“ greifbarer und leichter umzusetzen. Dass die Zielerreichung durch Pläne unterstützt wird, konnte in vielen Studien gezeigt werden.

Können Pläne auch Nachteile mit sich bringen? Mit dieser Frage beschäftigten sich die Sozialpsychologen Masicampo und Baumeister. Sie nahmen an, dass feste Pläne sich dann negativ auswirken können, wenn unerwartete Hindernisse eine spontane Planänderung notwendig machen. Für den Urlaub heißt das: Hat man einen detaillierten Plan aufgestellt, wann genau man wohin fahren möchte und springt dann das Auto nicht an, fällt unter Umständen der gesamte Urlaub ins Wasser.

Ihre Annahmen überprüften die beiden Forscher in einem Laborexperiment. Die Teilnehmenden erhielten die Aufgabe, mit Hilfe einer Internetrecherche das Geburtsjahr eines Schauspielers herauszufinden und dieses am Ende der Studie anzugeben. Dafür erhielten sie nacheinander Zugriff auf verschiedene Webseiten. Die Hälfte der Teilnehmenden formulierte vor Beginn der Aufgabe einen Plan, auf welcher Webseite sie suchen wollten, die andere Hälfte begann, ohne einen solchen Plan aufgeschrieben zu haben. Während einige Teilnehmenden die Aufgabe ohne Zeitlimit lösen konnte, wurde bei anderen als unerwartetes Hindernis in der Mitte der Aufgabe die Zeit begrenzt, sodass sie von ihrem ursprünglichen Plan abweichen und auf einer alternativen Webseite suchen mussten, um die Aufgabe erfolgreich zu lösen.

Es zeigte sich, dass Planende die Rechercheaufgabe nur dann besser lösen konnten, wenn kein Zeit-Hindernis auftauchte. Dagegen fiel es ihnen unter Zeitdruck schwer, von ihrem einmal gefassten Plan abzuweichen. Personen, die vorher nicht planten, auf welcher Homepage sie die Antwort suchen wollten, reagierten bei Zeitnot flexibler und schnitten erfolgreicher ab als die Planenden.

Bedeutet das also, dass Pläne uns vor allem behindern? Nein, denn mit ausreichend viel Zeit, also ohne Hindernis, waren die Planenden schließlich erfolgreicher als die Planlosen. Allerdings führt ein fester Plan dazu, dass die Aufmerksamkeit für Alternativen geringer ist und am ursprünglichen Plan auch dann festgehalten wird, wenn dieser aufgrund auftauchender Hindernisse nicht mehr sinnvoll ist. Bertolt Brechts kritische Haltung zum Planen ist also nur teilweise berechtigt: Pläne können bei vielen Zielen unterstützen, jedoch sollten wir dabei die Alternativen nicht aus den Augen verlieren. Was den Urlaub angeht, sollte dieser also nicht vom vorgesehenen Be­förderungs­mittel abhängig gemacht werden, denn vielleicht ist es ja ohne große Umstände möglich, auf die Bahn auszuweichen.

Brecht, B., & Lucchesi, J. (2004). Die Dreigroschenoper : der Erstdruck 1928. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag.

Masicampo, E. J., & Baumeister, R. F. (2012). Committed but closed-minded: When making a specific plan for a goal hinders success. Social Cognition, 30, 37–55.

© Forschung erleben 2014, alle Rechte vorbehalten

Zurück